31.12.06

Im CD-Wechsler (20/2006)

****1/2 – Honky Tonk Disciples, „Kickin’ Up Dust“ (self-released)
Zum Jahresende noch eine neue Lieblingsband. Die Honky Tonk Disciples sind eine hart rockende Country-Combo aus Louisiana, die rohen Rock ’n’ Roll und Tanzhallen-Country und den Blues des tiefen Südens zu einer neuen Einheit verschmelzt. Die Disciples haben die scharfen Gitarrenriffs der Georgia Satellites, den melodiösen Rocksound der Hooters, aber auch die Landstrasseneinsamkeit eines Hank Williams. Meistens gehts mit Vollgas ab; manche Hardrockband könnte sich da noch was abgucken. Doch dann kippt die Fiddle, die vorher wie eine kreischende Säge eingesetzt wurde, plötzlich in melodiösen Countrystil – allerdings meist etwas schneller als gewohnt. Alle zwölf Songs sind eigene Werke, geschrieben von Sänger/Gitarrist Michael Howes und Leadgitarrist Danny Bond. Produziert wurde das tolle Album von Dan Baird, einem der Gründer der Georgia Satellites.

***** – Blaze Foley and The Beaver Valley Boys, „Cold, Cold World“ (Lost Art)
Blaze Foley (1949–1998), der eigentlich Michael David Fuller hiess, war ein begnadeter Songwriter – und ein wahrer Outlaw. Er hatte keinen festen Wohnsitz, ständig Probleme mit den Behörden – und 1998 wurde er in einem abstrusen Streit vom Sohn eines Freundes erschossen. Seit ein paar Jahren werden seine unveröffentlichten Schätze nach und nach veröffentlicht. Nach „Wanted More Dead Than Alive“ im letzten Jahr kommen nun Aufnahmen, die der Produzent, Musiker und Singer/Songwriter Gurf Morlix 1979 in Houston und 1980 in Fredericksburg, Texas, mit Foley gemacht hat. Neben von anderen Aufnahmen bekannten Songs wie „Small Town Hero“, „Slow Boat to China“, „Election Day“, „Christian Lady Talkin’ On a Bus“ und „Faded Love & Memories“ finden sich unter den 17 Titeln auch ein paar, die noch nie veröffentlicht waren. Die Begleitung durch Morlix und Musiker seiner damaligen Band steht voll im Dienst der Songs und ist wunderbar stimmig. Ein kleines Meisterwerk.

****1/2 – Ramsay Midwood, „Popular Delusions & the Madness of Cows“ (Farmwire)
Ramsay Midwood, aus einer Musikerfamilie Arlington, Virginia, stammend, war Schauspieler in Chicago und Los Angeles, daneben trat er auch mit seinen Songs auf. Vor ein paar Jahren liess er sich als Musiker in Austin, Texas, nieder. Er wird oft mit dem frühen Tom Waits verglichen, aber auch mit Leon Redbone. Seine schrägen Geschichten murmelt er fast mehr als er sie singt, die Musik ist eine virtuose Melange aus Blues, Folk, Rock und Country, meist ziemlich laid back. Auf seinem neuen Album, produziert von Don Heffington, spielen einige Exponenten der Crème-de-la-crème der Americana-Szene mit: Randy Weeks (electric guitar, Banjo), Don Heffington (drums, harmonica, percussion), Kip Boardman (bass, piano), Danny McGough (organ), Phil Parlapiano (accordion, organ), Greg Leisz (lap steel, mandolin), Jon Birdsong (tuba, baritone horn). Grosse Klasse!


Jahresendeaufwisch im Schnelldurchlauf (Part II)

**** – Trent Summar & The New Row Mob, „Horseshoes & Hand Grenades“ (Palo Duro)
Countryrock hart und laut, ein bisschen wie die Honky Tonk Disciples (siehe oben). Keine Wunder – auch hier hat Dan Baird seine Finger drin, bzw. an der Gitarre. Macht echt Freude!

**** – Todd Snider, „The Devil You Know“ (New Door/Universal)
Sein letztes Album „East Nashville Skyline“ gehörte 2004 zu meinen Favoriten. Auch auf seinem neuesten Werk ist der Singer/Songwriter mit dem manchmal etwas schrägen Country-Folk-Rock-Blues-Sound frech, witzig, frisch – und einfach gut.

**** – Augie Meyers & The Rocka Baca’s, „My Freeholies Ain’t Free Anymore“ (El Sendero)
Augie Meyers, der legendäre Organist und Akkordeonist (Sir Douglas Quintet, Texas Tornados, Bob Dylan u.v.a) aus San Antonio, Texas, zeigt wieder einmal, was er drauf hat, nachdem das letzte Album eher peinlich ausgefallen war. Die Handorgel überlässt er hier Michael Guerra und David Farian, um selber Gitarre und Orgel zu spielen – und natürlich zu singen. Augie hat das Album mit einigen neuen eigenen Songs zusammen mit Drummer Max Baca (bekannt aus Flaco Jimenez’ Band) produziert, Bobby Flores steuert Fiddle und Steel-guitar bei. Eine schöne Texmex-Mischung mit Drive und Schmelz.

**** – 18 Wheeler, „Charmed Life“ (BWJ)
Dass es das noch gibt: Rockabilly mit Vollgas und punkiger Attitüde. 18 Wheeler ist ein Trio aus Denver, Colorado, das als Wurzeln seiner Musik den Rockabilly der Fünfzigerjahre ebenso nennt wie Einflüsse von Bands wie The Cramps, Kiss und The Beat Farmers. Gitarre, akustischer Bass, Drums – und dann das Gaspedal an den Anschlag. Macht Spass. Müsste man live sehen – würde sicher noch mehr Spass machen.

**** – William Elliott Whitmore, „Song of the Blackbird“ (Southern)
Der junge Mann mit der alten Stimme und dem Banjo ist zurück. Die Songs wie der Sound sind so düster wie zuvor. Stark nur seine Stimme und sein Banjo. Unter den wenigen Mitmusikern ist diesmal der brillante Pianist (und Singer/Songwriter) David Zollo, wie Whitmore aus Iowa.

**** – Wayne „The Train“ Hancock, „Tulsa“ (Bloodshot)
They won’t play no Dale Watson
They won’t play Wayne „The Train“
They’ll never play ole’ Hank III
And they don’t know my name
Dies singt J. B. Beverley im Titelsong seines tollen ersten Albums über das Country-Radio in den USA. Nun, ob sie Wayne Hancock spielen oder nicht – er ist einfach toll. Seine virtuose Mischung aus Western Swing, Country und Rockabilly zusammen mit seinem näselnden Gesang reisst einfach mit.

**** – Carrie Rodriguez, „Seven Angels On a Bicycle“ (Train Wreck)
Sehr schönes „Solo“-Album der Duettpartnerin und Violinisten von Chip Taylor. Mit Bill Frisell (electric guitar), Greg Leisz (steel guitars, dobro), Viktor Krauss (upright bass), Chip Taylor (accoustic guitar) u.a.

***1/2 – Chip Taylor, „Unglorious Hallelujah“ (EMI)
Viel Musik fürs Geld, fast etwas gar viel: Der grosse Songwriter Chip Taylor hat so viele neue Songs, dass er gleich noch eine zweite CD, betitelt „Red, Red, Rose & Other Songs of Love, Pain and Destruction“, beilegen liess. Insgesamt 24 Songs, wie immer sehr stimmungsvoll eingespielt.

***1/2 – Halden Wofford & The Hi*Beams, „Midnight Rodeo“ (self-released)
Neo-Honkytonk aus Austin, Texas. Witzig, gut gespielt.

***1/2 – Miss Leslie & her Juke Jointeres, „Honky Tonk Happy Hour“ (Zero Label)
Honkytonk-Stimmung zur Happy Hour im Continental Club in Houston, Texas. Leslie Lindley mischt Rockabilly und altmodische Countrysongs. Tolle Stimme, gute Band. Kommt noch besser als ihr Studioalbum vom Vorjahr..

***1/2 – Jessie Lee Miller, „Now You’re Gonna Be Loved“ (self-released)
Honkytonk mit Rockabilly-Einschlag. Tolle Stimme.

***1/2 – James Hand, „The Truth Will Set You Free“ (Rounder)
Country von heute in der zeitlosen Tradition von Lefty Frizzell, Hank Williams, Ernest Tubb. „The real deal!“, sagt Willie Nelson über James Hand.

*** – Kasey Chambers, „Carnival“ (Warner Bros.)
Mit ihrem Solo-Debüt „The Captain“ avancierte die australische Sängerin Kasey Chambers (die schon als Kind in der Familienkombo Dead Ringer Band dabei war) sozusagen über Nacht zum weltweiten Americana-Darling. Hier viertes Soloalbum klingt leider eher mau.

*** – The Resentments, „On My Way to See You“ (Freedom)
Austins „Super Group“ mit Stephen Bruton, Jon Dee Graham, Bruce Hughes, Scrappy Jud Newcomb und John Chipman war im Studio.

*** – Bruce Hughes, „Bluebird“ (Freedom)
Ansprechendes Debüt des Musikers (The Resentments, Bob Schneider Band, Poi Dog Pondering, The Ugly Americans) als Singer/Songwriter.

27.12.06

Im CD-Wechsler (19/2006)

Jahresendeaufwisch im Schnelldurchlauf (Part I)

****
– Two Tons of Steel, „Two Tons Tuesday Live“ (CD und DVD) (Palo Duro)
Eine ganz tolle Rockabilly-Band sind Two Tons of Steel – als „Countrybilly“ bezeichnet Bandleader Kevin Geil seine Musik. Das letzte Studioalbum “Vegas“ schaffte aus locker auf meine Liste meiner Lieblingsalben 2005. Nun habe ich die unglaubliche Spielfreude und Energie dieser Band leider nicht ganz live, aber immerhin gefilmt gesehen: auf der DVD von einem ihrer „Two Tons Tuesdays“ in der Gruene Hall und Gruene, Texas. Einmal im Monat spielen sie in dieser alten Dance Hall in einem kleinen Kaff zwischen Austin und San Antonio am Dienstag – und die Bude ist immer gerammelt voll. Das heisst, an einem Dienstagabend kommen da über tausend Leute zusammen um Spass zu haben und zu tanzen

**** – The Texas Sapphires, „Valley So Steep“ (Stag)
Austins neue Lieblinge. Stark akustisch orientierter Amerciana-Country-Sound. Eine männliche und eine schöne weibliche Lead-Stimme. Produced by Lloyd Maines (der auch mitspielt).

**** – Slaid Cleaves, „Unsung“ (Rounder)
Der Singer/Songwriter singt Songs von anderen Songwirtern, der er verehrt, darunter Adam Carroll, David Olney, Ana Egge, Karen Poston.

**** – Chris Knight, „Enough Rope“ (self-released)
Der rockige Singer/Songwriter stark wie immer. Produced by Gary Nicholson.

***1/2 – Fred J. Eaglesmith, „Milly’s Cafe“ (self-released)
Zehn neue Songs auf dem ungefähr fünfzehnten Album des Singer/Songwriters.

***1/2 – Robert Earl Keen, „Live at the Ryman – The Greatest Show Ever Been Gave“ (Koch)
Einer meiner Lieblings-Songwriter live in Nashville mit einigen seiner bekanntesten Songs.

***1/2 – Holly Ramos, „Racehorse“ (self-released)
Big City Girl (ex N.Y.C., jetzt L.A.) mit urbanem Folk-Rock.

*** – Matthew Grimm & The Red Smear, „Dawn’s Early Apoclaypse“ (self-released)
Polit-Americana-Punk-Rock vom Haupt-Songschreiber der New Yorker Hangdogs, der nach Iowa City gezogen ist. Ko-produziert von Pete Anderson.

*** – Raul Malo, „You’re Only Lonely“ (Sanctuary)
Der Ex-Frontman der Mavericks auf dem Weg, der neue Roy Orbison zu werden. Er muss aber aufpassen, dass er die Kurve kriegt und nicht als neuer Chris Isaak endet.

*** – Allison Moorer, „Getting Somewhere“ (Sugar Hill)
Steve Earle hat seine ungefähr zehnte Gattin auch musikalisch sehr für sich eingenommen. Klingt wie ein Steve-Earle-Album mit Allison Moorer als Sängerin. Das ist ja nicht schlecht, aber nicht unbedingt das, was man von Frau Moorer, pardon, Frau Earle möchte.

*** – Tony Joe White, „Uncovered“ (Swamp)
Die Legende aus Louisiana gibt sich diesmal etwas zu betulich. Gäste: J.J. Cale, Eric Clapton, Waylon Jennings, Mark Knopfler.

*** – PF Sloan, „Sailover“ (Hightone)
Der Veteran mit alten („Eve of Destruction“) und neuen eigenen Songs. Gäste: Lucinda Williams, Frank Black, Buddy Miller.

*** – Michael Hall, „The Song He Was Listening to When He Died“ (Freedom)
Achtes Album des Singer/Songwriters aus Austin, Texas. Ko-produziert von Scrappy Jud Newcomb.

*** – Randy Weeks, „Sugarfinger“ (self-released)
Der kalifornische Singer/Songwriter findet leider nie ganz zurück zur Hochform, die er mit den Lonesome Stranges in den Achtzigerjahren erreicht hatte.

*** – Tim Easton, „Ammunition“ (New West)
Neo-Folk mit Polit-Einschlag.

*** – Elvis Costello & Allain Toussaint, „The River in Reverse“ (Verve Forecast)
Schade, dass immer nur Elvis Costello singt und nie Allain Toussaint, der nur auf die Tasten hauen darf.

**1/2 – Ray Lamontagne, „Till the Sun Turns Black“ (RCA)
Nach dem Überraschungserfolg des Debuts „Trouble“ ist das Nachfolgealbum nicht sonderlich überraschend.

25.12.06

Im CD-Wechsler (18/2006)

****1/2 – Guy Clark, „Workbench Songs“ (Dualtone)
Welche Freude: Mit 65 legt der legendäre texanische Songwriter Guy Clark noch einmal ein Album der Extraklasse vor – eines seiner allerbesten! Clarks bestes Album ist und bleibt ja sein Debüt „Old No. 1“ (1975). Ein so fulminanter Karrierestart ist natürlich toll, kann aber ein Musikerleben auch schwer machen, muss er sich doch immer an diesem Meisterwerk messen lassen (nur nebenbei: die auch aus Texas stammende Michelle Shocked hat auf ihrem sensationellen Durchbruch-Album „Short Sharp Shocked“ Guy Clark die Referenz erwiesen: Das Album-Backcover ist ein Zitat der Rückseite von Clarks „Old No. 1“; dieselbe Gestaltung, und Shocked posiert mit Produzent Pete Anderson genau gleich wie Guy Clark mit Gattin Susanna auf seinem Album).
Neben neun eigenen Songs (alle zusammen mit Ko-Autoren geschrieben) präsentiert Clark auf dem neuen Album den Traditional „Diamond Joe“ und „No Lonsome Tune“ von Townes Van Zandt, einer anderen Texas-Songwriter-Legende. Neben ruhigen Mann-mit-Klampfe-Songs („Funny Bone“) gibt es Songs mit vollen Country-Drive („Exposé“) und auch mal eine schöne Tex-Mex-Einlage („Cinco de Mayo in Memphis“).

**** – Butch Hancock, „War and Peace“ (Two Roads)
Ein Polit-Album des grossen texanischen Songwriters Butch Hancock, der sonst eher auf Poetisches spezialisiert ist (wie zum Beispiel „(If You Were a) Bluebird“, berühmt gemacht durch Emmylou Harris und andere). Auch in Songs wie „When The Good and The Bad Get Ugly“ (When the good and the bad get ugly … the very first thin that disappears is truth), „The Devil in Us All“ (He smiles like the devil when he’s talking to the press) und „The Gread Election Day“ (Who’s gonna vote their conscience … and who’s gonna count the votes) kommen ihm sein poetisches Talent und sein Wortwitz nicht abhanden. Manch einen dieser Songs, die teils ganz schön swingen, werden wir sicher von anderen Interpreten wieder hören. Sein Album mit 13 neuen Songs hat Butch Hancock praktisch im Alleingang (lead vocals, harmonies, harmonica, accoustic guitrars, electric guitars, bass, drum, djemba, percussion, keyboard, banjo) zu Hause in Terlingua, Texas, eingespielt. Einzig Rob Gjersoe steuert noch etwa E-Gitarre bei – und seine alten Flatlanders-Kumpel Joe Ely und Jimmie Dale Gilmore sind bei zwei Songs für harmony vocals zuständig. Die beiden sind seit je die besten Interpreten der Songs von Butch Hancock, der selbst ein ordentlicher aber kein virtuoser Sänger ist.

**** – Willie Nelson, „Songbird“ (Lost Highway)
Der gutmütige alte Kiffer Willie Nelson schreckt ja bekanntlich von keinen Partnerschaften zurück (mit Schrecken erinnert man sich etwa an die Duette mit Schwulio Iglesias). Als gute Partnerschaft erweist sich die aktuelle mit Ryan Adams. Der Amercana-Star hat das neue Album der Outlaw-Legende nicht nur produziert, sondern begleitet Nelson auch mit seinen Cardinals; aus Willies ständigem Gefolge ist zusätzlich der Mundharmoniker Mickey Raphael dabei. Ryan Adams (accoustig guitar, electric guitars, bass guitar), Jon Graboff (pedal steel), Brad Pemberton (drums), Neal Casal (piano, guitar) und Catherine Popper (bass) geben den elf Songs einen angenehm knackigen Sound. Der Höhepunkt steht gleich am Anfang des Albums: der Fünfeinhalb-Minuten-Blues „Rainy Day Blues“.

*** – Solomon Burke, „Nashville“ (Shout Factory)
An einem Anlass der Americana Music Association AMA hat Bischof Burke den ebenfalls der Bibel zugeneigten Buddy Miller kennengelernt. Und mit ihm als Produzenten hat der nun das Country-Gospel-Album „Nashville“ eingespielt. Schön gemacht, wenn teils auch etwas gar schwülstig. Mit etlichen Gästen, vielen aus Millers Umfeld: Emmylou Harris, Jim Lauderdale, Kevin Welch, Dolly Parton, Gillian Welch, Patty Loveless und Top-Musikern wie Kenny Vaughn, Paul Kennerley, Brady Blade, Al Perkins, Sam Bush usw.

*** – Scott H. Biram, „Graveyard Shift“ (Bloodshot)
Dreckig, laut, schräg: die Dirty Old One Man Band ist zurück.
Produced by Scott Biram
All songs performed by Scott Biram
All songs written by Scott Biram, except „Only Jesus“ written by Mario Matteoli, arranged by Scott Biram
Recorded hat Hiram’s Hell Hole in Austin, TX (…)
Scott H. Biram – lead and harmony vocals, CB radio, loudspeaker, breathing, harmonica, gut all accoustic & electric guitars, Hammond B3 organ, homemade footstomp board, hi-hat, tamborine, claps, hambone, bible thump, special effects, random noises.
The „SHB Gospel Choir“ is Scott H. Biram suckers!! heh

Photos: Scott Biram (…)
Cover Design: Scott Biram

7.12.06

Im CD-Wechsler (17/2006)

***** – Los Lobos, „Chuy’s Tape Box, Volume 1“ (Live January 14, 1984 at La Casa De La Raza, Santa Barbara CA) (self-released)
„Eine der besten Bands überhaupt“, habe ich neulich hier über Los Lobos geschrieben. Hier ist eine Bestätigung mehr dafür. Und die zeigt auch, dass sie das schon immer war. Diese Live-Aufnahme, nur erhältlich im Store
der Website der Lobos, wurde im Januar 1984 aufgenommen. Erst Ende 1984 erschien das Album „How Will the Wolf Survive“ (auf meiner Liste für die einsame Insel), das Los Lobos international bekannt machte. Bei diesem phantastischen Konzert war Steve Berlin, der einzige Nicht-Chicano der Band, noch „from The Blasters“ und als Gastmusiker dabei. Schon damals hatte die Band alles drauf, was es braucht. Auch das Repertoire. Hier die Trackliste:

Let's Say Goodnight (Hidalgo/Pérez)
Our Last Night (Hidalgo/Pérez)
Ay Te Dejo en San Antonio (Don Santiago Jimenez)
I Got To Let You Know (Cesar Rosas)
That's My Little Suzie (Ritchie Valens)
Buzz Buzz Buzz (Bird/Dolphin)
My Baby's Gone (Cesar Rosas)
Walking Song (Hidalgo/Pérez)
Volver, Volver (Fernando Z. Maldonado)
How Much Can I Do? (Hidalgo/Pérez)
Anselma (Cesar Suedan/Guadalupe Trigo)
The Breakdown (Hidalgo/Pérez)
Soul Twist (Instrumental) (King Curtis)
I'm Sorry (McDaniel/Fuqua/Freed)
Come On, Let's Go (Ritchie Valens)
Corrido #1 (Cesar Rosas)
I'm Gonna Be A Wheel Someday (Bartholomew/Hayes/Domino)
300 Pounds of Heavenly Joy (Howlin' Wolf)
La Bamba (Ritchie Valens)
We're Gonna Rock (Cesar Rosas)
Why Do You Do? (Cesar Rosas)
Encores:
Sleepwalk (Instrumental) (Farina)
Los Ojos De Pancha (Juan Romero)
I'm Tore Down (Sonny Thompson)
Un Mojado Sin Licencia (Flaco Jimenez)

Der Bezeichnung „Volume 1“ lässt darauf hoffen, dass noch weitere Schätze aus Chuy’s Tape Box den Weg auf CDs finden.
„Volume 1“ ist jedenfalls schon mal ein Live-Album der Extraklasse! Was soll man da noch sagen? Bestellen! ¡Vamos!

**** – Greg Brown, „The Evening Call“ (Red House)
Greg Brown aus Iowa steht auf der Liste meiner Lieblings-Singer/Songwriter. Es war 1992, als mir das Album „Dream Cafe“, das von einem europäischen Ableger eines der grossen Musikkonzerne übernommen worden war, auf das Pult schneite (ich war damals Kulturredaktor). Und ich war hin und weg. Diese dunkle Stimme, die fast mehr spricht als singt, der sparsame und dennoch komplexe Sound – und die Songs, die hängen blieben. Wer zum Teufel ist dieser Greg Brown, fragte ich mich. Ich konnte nicht glauben, dass dieses reife Werk das erste Album Browns sein könnte. Und siehe da: Nach kurzer Recherche zeigte sich, dass dies bereits sein achtes Album war, alle erschienen auf dem in der Schweiz (damals jedenfalls) nicht erhältlichen Label Red House. Nun, ich bestellte sofort alle älteren Platten in den USA. Und blieb ihm treu. Über 20 Alben sind es bisher (darunter auch ein paar Kinderplatten), und das neueste ist wieder mal ein Meilenstein. Ein betörender Mix aus Folk, Country, Blues, wie meistens sparsam aber schlicht bestechend begleitet – einmal mehr vor allem von Gitarrist (und Koproduzent) Bo Ramsey, der zu den besten Slidegitarristen zählt.
(Inzwischen ist auch Greg Browns Tochter Pieta Brown eine ganz starke Musikerin; und in zweiter Ehe ist er mittlerweile mit der wunderbaren Iris DeMent verheiratet, die leider nach ihren Anfangserfolgen unter so etwas wie einem musikalischen Schreibstau leidet.)

**** – Big Sandy and his Fly-Rite Boys, „Turntable Matinee“ (Yep Roc)
Seit über 15 Jahren und mehr als einem Dutzend Alben spielt Big Sandy (eigentlich Robert Williams) einen bestechenden und immer noch besser werdenden Mix aus Western Swing, Rockabilly und traditionellem Country. Neu sind auf dem ganz starken Album „Turntable Matinee“ alle 13 Songs, zehn von Big Sandy geschrieben, drei vom Bassisten Jeff Weiss. Und unwiderstehlich ist der Rhythmus. Den Startsong „The Power of the 45“ gibts natürlich auch als Vinyl-Single:
Drop the needle in the groove
And start to move
Feel that rhythm in your soul
Taking control
Get on your feet, come alive
That's the power of the 45
Freunde und Bekannte – und einen Stapel 45er brauchts laut dem Song für eine gute Party. Und vom wem die Musik sein soll, zählt Big Sandy darin auch gleich auf. Zum Beispiel von Little Junior Parker, Ronnie Dawson, Jimmie Lawson, Chuck Berry, Link Wray, Johnny „Guitar“ Watson, Etta James und Rudy „Tutti“ Grayzell. Ich würde beifügen: Etwas von Big Sandy würde auch prima passen.

***1/2 – Amber Digby, „Here Come the Teardrops“ (Heart of Texas)
Amber Digbys Debut “Music from the Honky Tonks war meine
Lieblingsplatte des Jahres 2005. Das Nachfolgealbum zeigt sie erneut als wunderbare Interpretin von Countrysongs klassischen Zuschnitts. Der Sound ist gleich geblieben, die Musiker sind auch dieselben. Schön. Aber bisschen zu sehr wie gehabt.

11.11.06

Im CD-Wechsler (16/2006)

Heute – für meine Verhältnisse – mal etwas Mainstream.

**** – Los Lobos, „The Town and the City“ (Hollywood)
Vom dampfendem Rock ’n’ Roll bis zur filigranen Cumbia klingt alles sackstark – und immer unverkennbar nach den Lobos. Eine der beständigsten Bands (im Booklet heisst es denn auch: Los Lobos still are: David Hidalgo, Conrad Lozano, Louie Perez, Cesar Rosas, and Steve Berlin). Und, hey, eine der besten Bands überhaupt!

**** – Bob Dylan, „Modern Times“ (Columbia)
Der Zimmerman hat wieder mal zehn Songs geschrieben und diese gleich mit seiner aktuellen Tourband eingespielt. Ziemlich altmodisch klingt das mit den Anleihen aus der Vor-Rock-Zeit, etwa beim Swing. Aber sehr schön, sehr relaxed, sehr cool.

*** – Los Lonely Boys, „Sacred“ (Epic)
Die Brüder Garza – Henry, Jojo und Ringo – aus San Antonio, Texas, sind die Shooting-stars des Latino-Rocks (auch wenn sie englisch singen). Ihr Erstling anno 2003 machte viel Freude; ihr zweites Album klingt mir ein bisschen zu sehr nach Santana und nicht mehr so frisch.

28.10.06

Im CD-Wechsler (15/2006)

***** – J.B. Beverley & The Wayward Drifters, „Dark Bar and a Jukebox“ (Helltrain)
Was für eine Honkytonk-Combo! Da perlen die Klänge von Mandoline und Banjo, federnd wird der Bass gezupft, Steel Guitar und Fiddle sind in Hochform, die Akustikgitarre sowieso, und zwischendurch wird auch noch gejodelt. Und dann der Gesang: die dreckige Stimme von J.B. Beverley kontrastiert die teils lieblichen Klänge wunderbar. Und was für Songs er schreibt! Eine wahre Freude. Der Titelsong „Dark Bar and a Jukebox“ ist programmatisch:

They forgot ole’ Hanks’s sorrow
They’ve lost the „Man In Black“
They won’t give George Jones the chance to get his darlin’ back
Now I don’t me no Opry
I don’t need Music Row
Just six strings and some heartache and I’ll be good to go

Give me a dark bar and a jukebox over that radio
Toby just don’t cut it
Give me Haggard, give me Coe
I’m tired of watching Nashville and it’s washed up fashion show
Because you won’t find no „country“ on „country radio“

They won’t play no Dale Watson
They won’t play Wayne „The Train“
They’ll never play ole’ Hank III
And they don’t know my name
But I’m tired of „Runaway Cowboys“ and polished pop songs
What happened to our roots, man?
Where did we go wrong?

Polierte Popsongs riskiert man bei J.B. Beverley nicht; da ist man auf dem Highway unterwegs, man trinkt Bourbon, man versucht seinen Blues zu vertreiben, und man ist einsam und muss viel Wein trinken.
Und wenn man sich schon richtig verliebt hat in dieses Album – garantiert unter meinen Top Ten 2006! – kommt noch der Song „Raining in Philly“ um eine verlorene Liebe. Ein Ohrwurm erster Güte! Der gleichzeitig treibende wie etwas träge Rhythmus fährt einem physisch ein. Unterwegs auf den helvetischen Highways drehe ich die Lautstärke immer bis an den oberen Anschlag, wenn dieser Song kommt, damit der pulsierende Akustikbass die Bauchdecke vibrieren lässt.

**** – The Weary Boys, „Jumpin’ Jolie“ (self-released)
Noch so eine wunderbare Honkytonk-Band. Irgendwie erinnert mich dieses Album immer wieder an Canned Heat. Ja, die Boogie-Blues-Band aus den Sixties. Dabei klingt das neue Album der Weary Boys mehr nach Bluegrass denn nach Boogie. Wahrscheinlich ist es dieser unwiderstehliche Rhythmus: etwas monoton vielleicht, aber er nimmt einen einfach mit.
Es ist das fünfte Album der Weary Boys. Die meisten Songs schreibt Sänger und Gitarrist Mario Matteoli. Zusammen mit seinen Freunden Darren Hoff (Gesang, Gitarre) und Brian Salvi (Gesang, Fiddle) ist er anno 2000 von Nordkalifornien nach Austin, Texas gezogen, wo Bassist Darren Sluyter und Drummer Cary Ozanien zur Band stiessen. Ihr Country-Sound ist von Bluegrass ebenso infiziert wie von Rock ’n’ Roll.

***1/2 – The Jo’s House Band, „Sinner’s Brunch“ (self-released)
Wieso haben eigentlich Kneipen bei uns keine Hausband? Nun, ist zwar vielleicht besser – wer weiss, ob wir das, was dann da geboten würde, wirklich hören möchten.
Jo’s, ein Coffee Shop an der South Congress Avenue in Austin, Texas, hatte die letzten fünf Jahre ihre House Band. Jeweils am Sonntag Mittag spielte sie auf zum „Sinner’s Brunch“. Da Sängerin Tina Rose(nzweig) nach Nordkalifornien zieht (leider nicht für eine Gesangskarriere, sondern um im Tierschutz zu arbeiten), fand am 22. Oktober der letzte „Sinner’s Brunch“ statt. Ein Verlust für Jo’s, ein Verlust für Austin. Das zeigt dieses Album, das der Countrymusiker und Singer/Songwriter Dale Watson, ein Jo’s-Stammgast, produziert hat. Neben der umwerfenden Sängerin Tina Rose, die mit starker Stimme und leiser Melancholie die meisten Songs – Klassiker von Merle Haggard und Hank Williams wie auch eigene Lieder – singt, spielten in der Band einige versierte Musiker aus der Szene von Austin, darunter die Gitarristen Andrew Nafziger und Seth Walker, mit. Alles akustisch, Country mit Folk- und Swing-Einsprengseln, wunderbar laid-back, so richtig für einen angenehmen Sonntagnachmittag, an dem man es auch noch nicht zu laut mag. Das Album ist selbstverständlich live bei Jo’s aufgenommen, und da brummt auch mal ein schweres Motorrad im Hintergrund oder es bellt ein Hund.

27.10.06

Doug Sahm alert

****** – Doug Sahm & Band [1972] (Collectors Choice)
****** – Sir Douglas Band, „Texas Tornado“ [1973] (Collectors Choice)

Neuveröffentlichung von zwei der allerbesten Alben von Doug Sahm aka Sir Douglas (1941–1999).

Zur Band auf der 1972er LP gehören u.a. Bob Dylan, Dr. John, Flaco Jimenez, David „Fathead“ Newman. Produziert hat Jerry Wexler für das Label Atlantic. Das Album floppte. Wahrscheinlich war es seiner Zeit weit voraus, denn es bringt auf höchstem Niveau all das zusammen, was heute unter dem Begriff „Americana“ zusammengefasst wird: Roots Rock, Blues, Country, Rhythm & Blues, Soul, Folk, Rock ’n’ Roll mit umwerfendem Groove und Feeling.
Ein Album, dass für mich in die gleiche Kategorie gehört wie etwa Ry Cooders „Chicken Skin Music“ – also zum besten, was es in der sog. populären Musik überhaupt gibt.

Doug Sahms zweites Album für Atlantic, „Texas Tornado“ unter dem Namen Sir Douglas Band, enthält weitere Aufnahmen der Session für „Doug Sahm & Band“ in New York sowie weiteres Material. Fast so stark wie das Vorgängeralbum, aber damals ein noch grösserer Flop.

Wenn ich oben sagte, „zwei der allerbesten Alben von Doug Sahm“, mag man sich fragen, wie viele beste Alben von ihm es denn wohl noch gibt und welche das sind. Meine Wahl der allerbesten LPs von Doug Sahm alias Sir Douglas – neben den beiden oben erwähnten:
- Sir Douglas Quintet, „The Return of Doug Saldaña“ (1971)
- Doug Sahm and the TexMex Trip, „Groover's Paradise“ (1974)
- Sir Doug & The Texas Tornados, „Texas Rock for Country Rollers“ (1976)
- The Texas Mavericks, „Who Are These Masked Men?“ (1987)
- The Amos Garrett - Doug Sahm - Gene Taylor Band, „The Return of the Formerly Brothers“ (1988)
- Los Texas Tornados (1990; spanische Version)
- Texas Tornados, „Hangin’ on by a Thread“ (1992)

23.10.06

Im CD-Wechsler (14/2006)

**** – The Stone Coyotes, „Dreams of Glory“ (Red Cat)
Laut Miles of Music ist dies das siebte Studioalbum dieser „Familienband“ – ich habe bisher noch nie von ihr gehört. Aber was ich hier höre, macht richtig Spass: Eine scharfe Gitarre, eine starke Frauenstimme, pulsierende Rhythmen. Das klingt mal punkig, erinnert mal ein wenig an Patti Smith, mal ein bisschen an Lucinda Williams, klingt aber fast immer ziemlich rau und dreckig.
The Stone Coyotes sind die Sängerin, Songschreiberin und Gitarristin Barbara Keith, ihr Mann Doug Tibbles am Schlagzeug und Sohn John Tibbles am Bass. Barbara Keith war in den Sixties (!) in der New Yorker Folkszene im Greenwich Village und hatte 1971 ein Album auf Reprise. Die Frau müsste also gegen 60 sein. Hut ab.

**** – Will Kimbrough, „Americanitis“ (Daphne)
I lie.
Why?
Because I can.
It's the pleasure and the privilege
Of the richest people in the land.
Don't you understand?

So beginnt das aktuelle Album des sonst vor allem als Gitarristen (etwa für Todd Snider oder Rodney Crowell) bekannten Singer/Songwriters Will Kimbrough.

I don't give a damn for you
I don't give a damn for you
That's the truth
I lie because I can.

Das ist der erste Song, „I Lie“. Im zweiten, „Life“, heisst es etwa:

They all want to see who's got the biggest gun
All these cowboys want to have their fun ...
Well, we think that we're so clever
Flying without feathers
But we can't control the weather
Better send in the Marines.

17 eigene neue Songs stellt Kimbrough auf „Americanitis“ vor, starke Songs, die sich mit der Welt, wie sie ist, auseinandersetzen.
Ich bin ja wirklich keiner, der von jedem Song „gesellschaftliche Relevanz“ (die der helvetische Popstar Polo Hofer neulich in einem Interview bei den jungen Schweizer Mundartrockern vermisste – ausgerechnet Polo, der mit gesellschaftlich so relevanten Titeln wie „Du machsch mi giggerig“ Furore machte) verlangt, auch ein Song über den Pegelstand im Whiskyglas oder über die Sehnsucht nach dem schönen Mädchen aus der verruchten Bar oder über beides zusammen kann ein guter Song sein. Aber wenn schon ein „Polit-Album“, dann ein solches. Musikalisch reicht Kimbroughs vielseitiges Spektrum von Old-time-Country bis zu rauem Rock, von Reminiszenzen an den Britpop der frühen Kinks bis zu erdigem Folk.

*** – The Zozo Sisters – Linda Ronstadt & Ann Savoy, „Adieu False Heart“ (Vanguard)
Zwei tolle Stimmen, ein spannendes Akustikprojekt mit alten und neuen Songs, die näher oder ferner mit der Cajun-Kultus Louisianas zu tun haben. Ältere Songs neben solchen von Richard Thompson, Julie Miller und Kevin Welch, ein paar Lieder auch auf Französisch.
Das klingt alles wirklich sehr schön, lupenrein. Fast zu rein. Das ganze wird leider nie touching, wie man es sich von Ann Savoy mit den Magnolia Sisters gewöhnt ist, oder wie die wunderbaren (spanischen) „Canciones de mi Padre“ (1987) von Linda Ronstadt waren.

21.9.06

Im CD-Wechsler (13/2006)

****1/2 – James Luther Dickinson, „Jungle Jim And The Voodoo Tiger“ (Memphis International)
Als Produzent und Keyboarder hat Jim Dickinson in den vergangenen Jahrzehnten bei unzähligen Alben gekonnt Hand angelegt – und zwar bei den allerbesten, wie etwa bei Ry Cooder, Bob Dylan, Aretha Franklin, The Cramps, Johnny Cash, John Hiatt.
Meister Cooder steuert denn auch Liner Notes bei zum neuen Album des Veteranen, der im November 65 wird:
It is 2006, light years away from the time of Gus Cannon, DeFord Bailey, and Emmett Miller. The culture of the country has been hijacked by life-style hotshot pimps who join with consumer fascists in selling you back to yourself. Who can you trust? Nobody, in the immortal words of Bert Williams. Who will sing for you, the question posed by Carter Stanley, gone to his reward, unable to answer.
But there is someone, a knowing man, even a man of American family values, who raised his two boys in the sacred code of right and wrong, American-style: Jim Dickinson, son of a Delta match salesman, a code-talker, a personal friend of mine.
Take a seat, listen in, find your place.
Nach seinem Solo-Debüt „Dixie Fried“ (1971) und „Free Beer Tomorrow“ (2002) ist das erst das dritte Soloalbum von Dickinson. Unterstützt von Musikern wie seinen Söhnen Luther und Cody, erfolgreich mit ihrer Band North Mississippi Allstars, und Alvin Youngblood Hart zelebriert er hier eine Art Hommage an die Musik des tiefen US-Südens. Mit viel Blues und Swamp-Groove und Soul präsentiert er alte und neuere Songs wie „Red Neck, Blue Collar“ (von Bob Frank), Terry Fells „Truck Drivin’ Man“, Collin Wade Monks „Violin Burns“, Johnny Taylors 1969er Hit „Love Bone“ und Eddy Hintons „Can’t Beat The Kid (Part 2)“. Saftig und rund.

**** – Hacienda Brothers, „What’s Wrong With Right“ (Proper)
Zum zweiten Mal bringen Chris Gaffney und Dave Gonzalez als Hacienda Brothers stimmungsvoll ihren Western Soul auf Platte. Wiederum hat Soul-Legende Dan Penn produziert, und neben den mehrheitlich eigenen Songs von Gonzales und Gaffney gibt es auf dem Album auch zwei von Dan Penn mit Spooner Oldham geschriebene Klassiker: „It Tears Me Up“ und vor allem den Ohrwurm „Cry Like A Baby“, der durch den Country-Touch ganz neue Qualitäten offenbart. Einfach schön.

**** – Rory Block, „The Lady And Mr. Johnson“ (Rykodisc)
Es war tief in den Achtzigerjahren, als ich mal beim Durchzappen der TV-Programme auf dem deutschen SWF hängen blieb. Eine mir nicht bekannte nicht mehr ganz junge Frau mit langen braunen Haaren, in einem geblümten Kleidchen, Typ Spät-Hippie, sass da mit der Klampfe auf einem Barhocker und blueste sich die Seele aus dem Leib. Und sie spielte eine Gitarre! Anderntags kaufte ich ich mir eine erste LP von Rory Block. Nun, Aurora Block, die im November 57 wird, hats immer noch drauf, wie sie auf ihrem neuesten Album eindrücklich beweist. Der „Mr. Johnson“ vom Album-Titel ist Robert Johnson. Die Musik des legendären Bluesers aus den Südstaaten hat die Musik und damit das Leben der weissen Blueserin aus Manhattan geprägt. 13 seiner Songs, von „Cross Road Blues“ über „Rambling On My Mind“, „Me And The Devil Blues“ bis zum „Kind Hearted Woman Blues“ covert sie auf dem Album. Eine Stimme und eine Gitarre, die unter die Haut gehen.

30.8.06

Im CD-Wechsler (12/2006)

***1/2 – Mark Selby, „And The Horse He Rode In On“ (ZYX Music)
Mark Selby, bekannt vor allem als Songwriter – etwa für Kenny Wayne Shepherd und die Dixie Chicks –, hat sich mit der Klampfe in seine Stube gesetzt und ein paar seiner neuen und nicht mehr so neuen Lieder aufgenommen. Das Vorgehen tönt simpel. Das Resultat klingt aber ziemlich gut. Dies vor allem, weil Selby nicht nur ein guter Songschreiber ist, sondern vor allem auch ein exzellenter Gitarrist. Seine Slide-Künste auf der akustischen Gitarre sind ein Genuss. Am einen oder anderen Ort hat er mit ein paar sparsamen Overdubs den Mann-mit-Klampfe-Sound noch etwas akzentuiert. Seine Darbietung changiert irgendwo zwischen klassischem Blues und Folk und Country. Ergänzt hat er seine eigenen Titel mit Covers von ein paar Lieblingssongs. Es ist immer spannend zu sehen, welche „fremden“ Songs Songschreiber besonders mögen. Mark Selby zeigt da guten Geschmack: „Down In The Flood“ von Bob Dylan, „A Whiter Shade Of Pale“ von Procol Harum (interessant, diesen Hammondorgel-lastigen Klassiker auf der akustischen Gitarre zu hören) und „Little Wing“ von Jimi Hendrix.

*** – The Stairwell Sisters, „Fell All Over The Floor“ (Yodel-Ay-Hee)
Die Stairwell Sisters sind Martha Hawthorne (Bass), Stephanie Prausnitz (Fiddle), Lisa Berman (Dobro, Guitar, Banjo, Weissenborn, Hawaiian-Slide), Sue Sandlin (Guitar, Tiple, Accordion) und Evie Ladin (Banjo, Buckdancing). Das Frauen-Quintett aus San Francisco spielt alte Folk-, Stringband- und Bluegrass-Stücke. Die Instrumental-Tracks klingen so wie weiland in den frühen Siebzigerjahren das, was musikalische Hippiekommunen an Folkfestivals rauf- und runterdudelten. Das perlt und klingelt und hüpft so niedlich und nett, dass es mir nach drei Minuten zum Hals raus hängt. Doch dazwischen singen sie auch, und das mit so viel Dreck in den Stimmen, dass ein wohltuender Kontrast zum lieblichen Musizieren entsteht. Dafür gebe ich ein Sternchen dazu.

***1/2 – The Wailin’ Jennys, „Firecracker“ (Red House)
Ein halber Stern extra für den wirklich echt witzigen Namen dieses Frauen-Trios aus Kanada! Ruth Moody, Nicky Mehta und Annabelle Chvostek sind alle drei Songschreiberinnen und Sängerinnen und Gitarristinnen; Chvostek spielt auch Mandoline und Violine, Moody auch Akkordeon und Banjo. Unterstützt von weiteren Musikern mit teils auch elektrisch verstärkten Instrumenten singen und spielen sie praktisch ausschliesslich eigene Song in einer charmanten Mischung aus Folk und Country.

**** – Lauren Marie, „Introducing Miss Lauren Marie“ (Texas Jamboree)
Aus dem Nordosten der USA stammt Lauren Marie, jetzt lebt sie in Austin, Texas. Und sie singt Rockabilly und Honkytonk, dass es eine wahre Freude ist. Unter den Fittichen von Produzent und Gitarrist Bobby Horton hat sie ein bezauberndes Debüt eingespielt mit Songs wie Roy Orbisons „Sweet And Easy To Love“, Willie Nelsons „How Long Is Forever“, Pat Boones „Moody River“, Bing Crosbys „Three Little Words“, Billy Walkers „The Last Kiss Is The Sweetest“ und Johnny Burnettes „Believe What You Say“. Ziemlich cool.

*** – Candace Kunz, „Keepin’ It Simple“ (self-released)
Candace Kunz arbeitet an der Bar im legendären General Store von Luckenbach, Texas. Und sie schreibt Songs. 14 eigene Lieder hat sie unterstützt von einem musikalischen Stammgast in Luckenbach, T-Roy Miller (Gitarre, Dobro) nun aufgenommen und selber herausgebracht. Eine talentierte junge Frau mit bluesiger Ader. Muss man im Auge behalten.

15.8.06

Im CD-Wechsler (11/2006)

* – Neil Young, „Living with War“ (Reprise)

Zwei Klarstellungen vorweg:
1. Ich bin ein grosser Verehrer von Neil Young und seinem Werk, schon seit den tiefen Siebzigerjahren. Mein Lieblingsalbum von Neil Young ist „American Stars ’N Bars“ (1977), und ich mag auch viel geschmähte Alben wie „Everybody’s Rockin’“ oder „Re-ac-tor“.
2. Ich bin gegen den Krieg. Welchen auch immer. Grundsätzlich.

Und nun hat Neil Young ein Album gegen den Krieg und gegen US-Präsident Bush gemacht. Und es ist – es tut weh – grauenhaft. Die Texte sind teils nur plump. Die Musik ist uninspiriert und langweilig. Und ständig irgendwelche Kinderchöre im Hintergrund, bei welchen mir gleich „Another Brick in the Wall“ von Pink Floyd (gar keine Lieblingsband von mir) einfällt.
Das Album ist ja jetzt schon einige Monate alt, und es ist wochenlang bei mir rumgelegen, bis ich es mal in den CD-Player schob. Denn ich dachte, an so viel Negativem, was ich schon darüber gehört hatte, muss ja wohl leider schon ein bisschen was dran sein. Aber was ich dann hörte, war schlimmer als alles, was ich befürchtet hatte.

Schwamm drüber und auf das nächste Album von Neil Young warten! Ich bin überzeugt, dass dies ein einmaliger Ausrutscher war.

** – Dixie Chicks, „Taking the Long Way“ (Columbia)

Zwei Klarstellungen vorweg:
1. Ich mag die Dixie Chicks. Schon immer. Schon bevor Natalie Maine dazu stiess und sie berühmt wurden. 1992 in Texas bin ich auf sie gestossen, und das damalige Album „Little Ol’ Cowgirl“ finde ich heute noch toll.
2. Ich gönne diesen hoch talentierten Frauen den plötzlichen Welterfolg, der 1998 kam – es ist doch immer mal wieder schön, wenn es ausnahmsweise einmal die Richtigen schaffen. Und ich finde, sie haben sich auch im grossen Musikgeschäft gut gehalten.

Und nun das: Nach dem Bashing wegen Natalie Maines’ Anti-Bush-Statement haben sie unter den Fittichen des grossen Rick Rubin ein Album aufgenommen, mit welchem sie sich ein bisschen trotzig gegen die konservativen Fans stellen. So weit, so gut. Nur: Das Album klingt irgendwie Scheisse, ist in kaum einem Moment auf der Höhe ihres sonstigen Schaffens. Statt dem stupenden Können der Schwestern Emily Robison und Martie Maguire auf allerhand Saiteninstrumenten höre ich pampige Orgeln. Alles wirkt überorchestriert, die durchaus vorhanden feinen Töne werden ständig überdeckt.

Schwamm drüber und auf das nächste Album der Dixie Chicks warten! Nachdem sie nun ihren Frust rausgelassen haben, können sie sich wieder auf ihre wirklichen Qualitäten besinnen. Und dafür müssen sie auch gar nicht zu einem Starproduzenten nach Los Angeles pilgern. Natalies Papa Lloyd Maines würde als Produzent ihrem Sound besser dienen.

10.7.06

Im CD-Wechsler (10/2006)

****1/2 – 77 el Deora, „Sirens“ (Western Independent)
Aus San Francisco kommt die hippe Hardcore-Country-Kombo mit dem seltsamen Namen 77 el Deora um das Sänger- und Songwriter-Paar Jenn Courtney und Maurice Tani. Miles of Music beschreibt das Album schöner als ich es könnte: Intelligent, original, neo-noir honky-tonk in the classic rhythms and themes of western America: cheatin`, lyin`, drinkin`, dyin`, broken hearts, shattered dreams, bright, twangy guitars and the Ray Price shuffle. Beide Gesangsstimmen, die weibliche (Jenn Courtney) wie die männliche (Maurice Tani, spielt auch die Gitarre), sind stark. Und besonders fällt die virtuose Fiddle von Steve Kallai auf. Komplettiert wird das Quintett durch den Bassisten Keith Bahjat und den Drummer Christopher Fisher. Auf der CD gibts zudem zusätzliche Gitarren, Steel guitar sowie Piano & organ. Das mit Hardcore-Country sehen 77 el Deora nicht so eng, da haben auch Elemente von Rock und Rockabilly, von Soul und Blues ihren Platz. Die Songs schreibt Maurice Tani. Als Covers gibts zudem „3:30 In The Afternoon“ von Dallas Wayne und „Cryin’ Over You“ von Roy Orbison – und als hidden track eine umwerfende Country-Version des Georgia-Satellites-Hits „Keep Your Hands To Yourself“ mit tollen Fiddle-Passagen. Ein ganz starkes Album.

**** – The Hoyle Brothers, „One More Draw“ (Loose Booty)
Noch so eine herzerfrischende Honkytonk-Band! Das zweite Album der Holye Brothers – die nicht wirklich Brüder sind, jedenfalls keine leiblichen – bringt erneut eine höchst tanzbare Mischung aus im besten Sinne altmodischem Country, gewürzt mit etwas Western Swing, Rockabilly, Boogie, Walzer und einem Hauch von Blues. Ihre Songs drehen sich um gebrochene Herzen und um das Wegtrinken von Herzschmerz. Sehr schön ihr Cover von Ray Price’s „Walkin’ Slow (An Thinking ’Bout Her)“.

***1/2 – Jeffrey Foucault, „Ghost Repeater“ (Signature Sounds)
Jeffrey Foucault aus Wisconsin ist ein Singer/Songwriter in der Tradition eines Townes Van Zandt und Guy Clark. Eigentlich ist er ein Mann mit der Klampfe und seinen Liedern. Sein neues Album produzierte aber Bo Ramsey, und der unterlegt dem Song-und-Klampfe-Sound einen feinen Tonteppich mit seiner exzellenten Slide-Gitarre und den Klängen weiterer Musiker aus der Szene um Greg Brown in Iowa City.

*** – Kris Kristofferson, „Live From Austin, Tx“ (Austin City Limits, 1981) (New West)
Eine weitere Liveaufnahme der TV-Show „Austin City Limits“: Kris Kristofferson mit Band am 14. September 1981. „Help Me Make It Through The Night“, „Me And Bobby McGee“, „Casey’s Last Ride“, „The Pilgrim“, „Loving Her Was Easier“, „Sunday Morning Coming Down“ und zehn weitere Songs. Solid, angenehm, aber nicht herausragend.
Was nervt bei dieser CD-Reihe: Es gibt auf der CD keine Angaben zum Line-up. Natürlich finde ich das schon irgendwie raus (Stephen Bruton - Guitar, Vocals; Glen Clark - Guitar, Mandolin, Vocals; Sammy Creason - Keyboards, Guitar, Harmonica, Vocals; Donnie Fritts - Drums; Tommy McClure - Bass; Billy Swan - Keyboards, Guitar, Vocals), aber es gehört einfach aufs Plattencover (vielleicht stehts bei der DVD drauf – die ganze Reihe kommt als CD und DVD heraus).

** – Alejandro Escovedo, „The Boxing Mirror“ (Back Porch)
Ich weiss nicht woran es liegt: Wie mit früheren Escovedo-Werken werde ich auch mit seinem neuen Album einfach nicht warm. Das Teil, produziert von John Cale und eingespielt mit Könnern wie dem Gitarristen Jon Dee Graham, wird allenthalben in hohen Tönen gelobt. Mir gehts zum einen Ohr rein und zum anderen raus – hängen bleibt nichts.

30.6.06

Im CD-Wechsler (9/2006)

***1/2 – Sally Spring, „Mockingbird“ (Sniffinpup)
Sally Spring war bislang nicht bekannt. Dabei sei sie a folk-rock legend in the New York and Los Angeles music scenes during the 70s and early 80s, sagt ihre Website. „Mockingbird“ sei ihr viertes Album; die drei früheren sind ohne Jahrgangsangabe auf der Website abgebildet, und die Schwarzweissfotos darauf sehen schon ziemlich alt aus. Nun, „Mockingbird“ ist ein schönes Folk-Album, teils mit leicht rockigen Tönen. Gute Stimme, starker Gesang. Die meisten Songs sind von Sally Spring geschrieben, dazu gibt es unter anderen „Hickory Wind“ von den Byrds, und Gene Parsons spielt auch mit. Unter den Gästen sind zudem Tift Merritt, Marshal Crenshaw und Caitlin Cary.

***1/2 – Brigitte DeMeyer, „Something After All“ (33rd Street)
Brady Blade, der Drummer in Emmylou Harris’ Spyboy-Band, hat das Album von Brigitte DeMeyer produziert und für die perkussiven Elemente auch selbst Hand angelegt. Brigitte DeMeyer ist eine Singer/Songwiriterin aus der Gegend von San Francisco, die ansprechende Songs schreibt und eine gute Stimme hat. Produzent Blade stellte ihr unter anderen Buddy Miller, Emily Saliers, Steve Earle und Daniel Lanois zur Seite. Zu Beginn vermag das Album einen gewissen Sog zu entwickeln – der Sound ist dicht, der Gesang eindringlich. Doch gegen Ende plätschern die Songs – bis auf Steve Earles „More Than I Can Do“, Buddy Millers „You Wrecked Up My Heart“ und „Latter Days“ von Over The Rhine alle von DeMeyer geschrieben – ein bisschen beliebig dahin.

**** – The Yahoos, „Put The Hammer Down“ (Lakeside Lounge)
Und wieder einmal ein Album der Kategorie „Gaspedal runter und ab auf den Highway“. Dan Baird (ex Georgia Satellites), Eric „Roscoe“ Ambel (ex Del-Lords), Drummer Terry Anderson (Terry Terry Anderson and the Olympic Ass-Kickin Team) und Bassist Keith Christopher (ex Georgia Satellites) lassen es ordentlich krachen. Solider Südstaaten-Rock mit einem Augenzwinkern.

**** – Sir Douglas Quintet, „Live From Austin, Tx“ (Austin City Limits, 1981) (New West)
Der viel zu früh von uns gegangene Doug Sahm mit der 80er-Version des Sir Douglas Quintet in Hochform. Mit Augie Meyers und Johnny Perez vom Original-Sixties-Quintet sowie Alvin Crow und Speedy Sparks. Der Live-Mitschnitt der TV-Show „Austin City Limits“ vom 21. Januar 1981 beginnt mit dem Hit „Mendocino“ und endet mit dem Hit „She’s About A Mover“. Dazwischen 15 weitere Songs, darunter etwa Butch Hancocks „I Keep Wishing For You“, Doug Sahms Hippie-Hymne „Groover’s Paradise“, Augie Meyers’ „Goin’ Down To Mexico“, „Who’ll Be The Next In Line?“ von den Kinks, Alvin Crows „Tonite, Tonite“ und Roky Ericksons „You’re Gonna Miss Me“. Grosse Klasse!

14.6.06

Im CD-Wechsler (8/2006)

****1/2 – Bob Delevante, „Columbus and the Colossal Mistake (A Collection of Songs and Photographs)“ (Relay)

Was für Songs! Das Titelstück, dann „Circles Round Me“, „Fly Home To“, „Venice Is Sinking“ bleiben rasch hängen in den Gehörgängen, und dann kommt erst noch der definitive Ohrwurm: „Texarkana State of Mind“, am Schluss noch in einem anderen Mix wiederholt. Es ist das vierte Album von Bob Delevante, die ersten beiden realisierte er in den Neunzigern mit seinem Bruder als The Delevantes, das erste Soloalbum Ende 1999. Bob Delevante ist nicht „nur“ Musiker, sondern auch Grafiker und Fotograf; der neuen CD liegen fünf Fotopostkarten bei. Nichts gegen die Schwarzweissbilder, aber die Musik gefällt mir bedeutend besser: ein runder Americana-Mix mit teils stark bluesigen und rockigen, dann wieder mehr folkigen Akzentuierungen. Unterstützt wird Songschreiber, Sänger und Gitarrist Delevante unter anderen von Fats Kaplin an Banjo, Fiddle und Pedal steel, von Garry Tallent am Bass, von Southside Johnny an der Harmonica sowie Buddy Miller und Kenny Vaughn mit ihre Gitarren und der Stimme von Emmylou Harris. Und zu den „ordentlichen“ elf Songs gibts übrigens neben der erwähnten „Texarkana“-Variante auch eine Americana-Version des Ramones-Klassikers „Blitzkrieg Bop“.

**** – Eric Hisaw, „The Crosses“ (Saustex Media)
Eric Hisaw aus Las Cruces, New Mexico, hat, wie John Conquest in seinem Magazin 3rd Coast Music so schön schreibt, the soul of a poet and the heart of a rock & roller. Auch sein neues Album bringt starke Songs in Countryrock-Sound, elf neue eigene plus Taj Mahals „Further On Down the Road“.

*** – Commander Cody & His Lost Planet Airmen, „Texas Roadhouse Favorites“ (Live 1973) (Music Avenue)
„Live From Deep in the Heart of Texas“ von Commander Cody & His Lost Planet Airmen war tief in den Seventies eines meiner Lieblings-Livealben. Die absolut virtuose Mischung aus Rock ’n’ Roll, Country und Western Swing dieser ebenso witzigen wie kompetenten Hippie-Combo war damals für mich als Zwanzigjährigen – neben der damals wie heute unwiderstehlichen Emmylou Harris – einer der Auslöser für mein Interesse an Country music. Die Band war damals in ihrer Bestbesetzung mit Bill Kirchen, bis heute einer meiner favorite Gitarristen, Billy C. Farlow, Andy Stein, Bruce Farlow usw.: Commander Cody a.k.a. George Frayne (piano, vocals), Billy C. Farlow (lead vocals, harmonica, trumpet), Bill Kirchen (lead guitar, vocals, trombone), John Tichy (rhyhtm guitar, vocals), Bobby Black (pedal steel guitar), Andy Stein (fiddle, sax) „Buffalo“ Bruce Farlow (bass, background vocals) und Lance Dickerson (drums). Das Live-Konzert einer abgespeckten Version der Band, das ich in den frühen Achtzigerjahren im damaligen Lone Star Cafe in New York sah und hörte, war zwar durchaus ein Erlebnis, hatte aber nicht die Qualität und Intensität des legendären Texas-Konzerts.
Die neue CD „Texas Roadhouse Favorites“ bringt nun die auf der LP fehlende Hälfte jenes wilden Konzerts aus dem Jahr 1973 in Austin, Texas. Offenbar hatte die Band das als Doppelalbum geplant, die Plattenfirma wollte dann aber nur eine einfache LP machen. „Blue Suede Shoes“, „Down and Out“, „Milk Cow Blues“, „Hard Headed Woman“, „Hot Rod Lincoln“, „Lawdy Miss Clawdy“ und „Jailhouse Rock“ gehören zu den insgesamt 13 Tracks. Und das macht immer noch Spass.

11.5.06

Im CD-Wechsler (7/2006)

**** – Sunny Sweeney, „Heartbreaker’s Hall Of Fame“ (self-released)
Sunny Sweeney ist „a gal from Texas“. Ihr Debütalbum mag relativ konventionelle Country- und Countryrock-Musik bringen, doch es hat sich lange gehalten in meinem CD-Wechsler, denn es ist weit überdurchschnittlich. Sunny hat eine etwas dreckige, starke Stimme, den richtigen Honkytonk-Groove, starke Begleiter, darunter etwa Fiddler Bobby Flores und Gitarrist Caspar Rawls – und eine sehr gute Songauswahl. Drei Titel hat sie selber geschrieben, zwei, darunter das wunderschöne „Refresh My Memory“, kommen von Jim Lauderdale (der auf Keith Sykes’ „Lavender Blue“ auch mitsingt), dann ist da „East Texas Pines“ von Libbi Bosworth und „Mama’s Opry“ von Iris DeMent. Und vor allem das umwerfende «Next Big Nothing“ von Audrey Auld, von Sunny Sweeney mit wunderbarer Selbsironie rübergebracht:
Once I thought that I would be a big star
Making everybody look at me
Driving to the bank in my big car
And looking at my self on TV

But I’m a gonna be the next big nothing
You won’t see my name on MTV
I’m a gonna be the next big nothing
No one knows my name in Tennessee

**** – Exene Cervenka and The Original Sinners, „Sev7en“ (Nitro)
Nachdem sie mit Dave Alvin und ihrem Frontpartner bei X, John Doe, The Knitters wieder aufleben liess, stand Exene Cervenka offenbar der Sinn nach gutem altem Punkrock. Ein Hauch von Rockabilly und ein paar akustische Klampfentakte dürfen zwischendurch auch mal sein, aber sonst geht es sehr rockig zur Sache. Bis auf „Ghosts On The Highway“ von Jeffrey Lee Pierce (The Gun Club) hat alle Songs Exene Cervenka gechrieben, ein paar zusammen mit dem Gitarristen Jason Edge.

***1/2 – Mark Knopfler and Emmylou Harris, „All The Roadrunning“ (Mercury)
Auch wenn betont wird, dass das ein gemeinsames Werk ist – eigentlich ist es ein Album von Mark Knopfler, auf dem Emmylou Harris mitsingt. Von ihm sind die meisten Songs, sein typischer Sound dominiert. Aber es ist ein schönes Album mit ein paar berührenden Duetten. (Live am 2. Juni 2006 im Hallenstadion Zürich)

***1/2 – The Black Keys, „Chulahoma“ (Fat Possum)
In den Liner Notes beschreibt Dan Auerbach, die bessere Hälfte der Black Keys, wie ihn ein Album von Junior Kimbrough (1927–1998) musikalisch auf den richtigen Weg brachte, als er 18 war. Dieses Minialbum mit sechs Songs von Kimbrough ist nun seine Hommage an den Meister. Stark. Aber nicht so stark wie der archaische Bluesmann aus Hudsonville, Mississippi war.

** – Bruce Springsteen, „We Shall Overcome – The Pete Seeger Sessions“ (Columbia)
Auf seine alten Tage entdeckt Springsteen die alten Protestsongs der Folklegende Pete Seeger. Klingt mir ein bisschen zu sehr nach Pfadfinderfolklore.

**** – Steve, Bob & Rich: „Balls“ (1984) (BAT Records)
Das Trio Steve, Bob & Rich aus Kansas City, gegründet 1983, machte ab 1985 als The Rainmakers Furore, unter anderem mit dem Hit „Let My People Go-Go“. Auf dem selbstproduzierten Debüt von 1984 sind die knackigen Rock-’n’-Roll-Heuler, mit welchen sie berühmt wurden, in den Urversionen zu hören, dazu ein paar Live-Tracks, darunter John Fogertys „Rockin’ All Over The World“. Ein Gaspedal-runter-Album für den Highway.

8.4.06

Im CD-Wechsler (6/2006)

***** – Kris Kristofferson, «This Old Road» (New West)
Er gehört für mich zu den wichtigsten Songschreibern überhaupt. Legendäre Songs wie «Me and Bobby McGee», «Help Me Make It Through the Night» und «Sunday Morning Coming Down» prägten schon seit Debütalbum vor mittlerweile 36 Jahren.
Auf seinem neuesten Werk «This Old Road» – seinem ersten Album mit neuen Songs seit «A Moment Of Forever» von 1995 – markiert er zwar ein bisschen den alten Mann, der zurück blickt auf die alten Zeiten. Aber der Lauf der Zeit macht ihn noch immer zornig, und er singt immer noch gegen den Krieg.
Musikalisch ist das von Don Was produzierte Album sehr ruhig und cool. Don Was zupft den akustischen Bass und spielt auch mal Piano, Jim Keltner unterstützt den Rhythmus mit seinen typisch federnden Drums, Kristoffersons alter Kumpel Stephen Bruton spielt Gitarre und Mandoline, Kristofferson selbst Gitarre und Mundharmonika. Mehr braucht dieses intensive Werk nicht.

**** – Jesse Dayton, «South Austin Sessions» (Stag)
Ein sehr hübsches «Zwischendurch-Album» von Jesse Dayton mit Covers: «Loretta» von Townes Van Zandt, «Mexican Blackbird» von ZZ Top, «Why Do I Love You» von Jim Lauderdale, «Roadworn & Weary» von Eddie Spaghetti, «Cornbread, Peas and Black Molasses» von Sonny Terry & Brownie McGhee und anderen. Zwei obskure Titel stammen vom Holländer Herman Brock Jr (der als Herman Brock Jr & The Eurocasters tourt), einer von dessen Vater Herman Brock Sr (in dessen Band Fat Freddy’s Freak Federation der Junior Leadgitarrist war). Brock Jr spielt bei Dayton auch mit, unter vielen anderen auch Gitarrist Redd Volkaert, Fiddler Erik Hokkanen und Gitarrist Caspar Rawls.

**** – Shaun Young, «Wiggle Walk» (Goofin)
Das zweite Soloalbum von Shaun Young, der als Frontmann des Trios High Noon aus Austin, Texas bekannt wurde. Vorwiegend eigene Songs, aber ganz im Stil das klassischen Rockabilly aus den Fifties. Gekonnt, witzig – und geht ganz schön in die Beine.

**** – Rough Shop, «Far Past The Outskirts» (Perdition)
Das Sextett Rough Shop aus St. Louis besteht aus Mitgliedern der Akustik-Americana-Band One Fell Swoop, der Sängerin und Gitarristen Anne Tkach (Hazeldine, Nadine) und Keyboarder Nate Dahm. Ein facettenreiches Album irgendwo zwischen Country und Rock und Bluegrass und Soul.

**** – Jessi Colter, «Out Of The Ashes» (Shout! Factory)
63 wird Jessi Colter im Mai. Die Witwe von Waylon Jennings (davor war sie mit Duane Eddy verheiratet) war die einzige erfolgreiche Frau in der Outlaw-Country-Bewegung der frühen Siebziger. 1975 brachte sie es mit «I’m Not Lisa» auf Platz 1 der Billboard Country Charts. In den letzten 20 Jahren hörte man nicht mehr viel von ihr. Doch jetzt kommt sie, und wie! Das (wie das neue Album von Kris Kristofferson, siehe oben) von Don Was produzierte Werk bringt eine starke Mischung aus Blues, Soul, Country, Rock, Gospel und Piano-Balladen. Eingearbeitet sind auch Gesangspassagen, die Waylon Jennings vor seinem Tod aufgenommen hatte. Auch Sohn Shooter Jennings ist mit von der Partie. Und mit Tony Joe White singt sie im Duett sein «Out Of The Rain».

*** ½ – Cindy Woolf, «Simple and Few» (MayApple)
Ein bisschen Folk, ein bisschen Bluegrass, ein bisschen Blues. Und eine starke Stimme. Akustisch, eher zart, unspektakulär – und wird immer besser, je länger man zuhört.

26.3.06

Im CD-Wechsler (5/2006)

Nein, dieser Blog ist nicht tot. Zurzeit habe ich aber zu wenig Zeit zum Musikhören – und noch weniger Zeit, darüber zu schreiben.
Darum nur ein schneller Blick auf den derzeitigen Inhalt des CD-Wechslers:

***1/2 Hayseed Dixie, «Hot Piece of Grass» (Cooking Vinyl)

*** – BR5-49, «Dog Days» (Dualtone)

***1/2 – Andrew T. Hunt, «Broken Wheel» (Hayden's Ferry/Rustic)

**** – Kenny Roby, «The Mercy Filter» (Pulp Recordings)

***1/2 – The Gourds, «Heavy Ornamentals» (Eleven Thirty)

***** – June Carter Cash, «Ring Of Fire: The Best Of . . . » (Dualtone)

Mehr folgt bald, und dann auch wieder ausführlicher.

13.3.06

Schwule Cowboys

Ich habs ja noch nicht mal geschafft, «Walk The Line» zu sehen. Und schwule Cowboys interessieren micht nicht wirklich. Aber nun kommen Freundinnen und Freunde und sagen, «Brokeback Mountain» müsse man gesehen haben.
Und heute noch dieses E-Mail:

Das gabs noch nie, musst auf deinem Blog veröffentlichen: schwuler Cowboysong! Das einzige was man ihm vorwerfen kann: Warum hat Willie das nicht vor 30 Jahren gesungen? It took this taiwanese guy's movie, first...

There's many a strange impulse out on the plains of West Texas;
There's many a young boy who feels things he don't comprehend.
Well small towns don't like it when somebody falls between sexes,
No, small towns don't like it when a cowboy has feelings for men.
Well I believe in my soul that inside every man there's a feminine,
And inside every lady there's a deep manly voice loud and clear.
Well, a cowboy may brag about things that he does with his women,
But the ones who brag loudest are the ones that are most likely queer.
Cowboys are frequently secretly fond of each other
What did you think those saddles and boots was about?
There's many a cowboy who don't understand the way that he feels towards his brother,
Inside every cowboy there's a lady who'd love to slip out.
Ten men for each woman was the rule way back when on the prairie,
And somehow those cowboys must have kept themselves warm late at night.
Cowboys are famous for getting riled up about fairies,
But I'll tell you the reason a big strong man gets so uptight:
Cowboys are frequently secretly fond of each other
That's why they wear leather, and Levi's and belts buckled tight.
There's many a cowboy who don't understand the way that he feels towards his brother;
There's many a cowboy who's more like a lady at night.
Well there's always somebody who says what the others just whisper,
And mostly that someone's the first one to get shot down dead:
When you talk to a cowboy don't treat him like he was a sister
Don't mess with the lady that's sleepin' in each cowboy's head.
Cowboys are frequently secretly fond of each other
Even though they take speed and drive pickups and shoot their big guns;
There's many a cowboy who don't understand the way that he feels towards his brother;
There's many a cowboy who keeps quiet about things he's done.

25.2.06

Im CD-Wechsler (4/2006)

****1/2 – Rosanne Cash, «Black Cadillac» (Capitol)

Aus einem spannenden Interview, das Peter Hossli mit Rosanne Cash führte (erschienen im Schweizer Nachrichtenmagazin «Facts» am 26.01.2006):

Ms. Cash, welche Automarke fahren Sie?
Rosanne Cash: Ich lebe in Manhattan, da brauch ich kein Auto.

Sie besitzen keines?
Okay, wir besitzen einen alten, klapprigen Van. Ob der noch anspringt, weiss ich nicht.

Haben Sie jemals einen Cadillac besessen?
Ich? Nein.

Ihr neustes Album heisst «Black Cadillac». Ein komischer Titel für einen Automuffel.
Der schwarze Cadillac war die Ikone meiner Kindheit. Mein Vater fuhr jedes Jahr einen zu Schrott, meine Mutter kaufte jeweils den neuen. Zudem ist es eine Metapher.

Für was?
Das ist doch offensichtlich. Für den Tod. Es ist das letzte Auto, in dem man fährt – im Sarg zum Friedhof.

Das ganze Interview ist hier nachzulesen.


In Memory of
June Carter Cash, June 23, 1929 - May 15, 2003
John R. Cash, February 26, 1932 - September 12, 2003
Vivian Liberto Cash Distin, April 23, 1934 - May 24, 2005
steht auf der Booklet-Rückseite, und so wundert es nicht, dass Moll-Töne das Album prägen. Während der Arbeit an dem Album hat Rosanne Cash ihre Stiefmutter June Carter, ihren Vater Johnny Cash (interessant übrigens in Peter Hosslis Interview, wie sie zwischen dem «Vater» und «Johnny Cash» unterscheidet), und dann auch noch ihre Mutter verloren.
Entstanden ist ein Album, dass so gut ist wie ihr grossartiges «10 Songs» vor zehn Jahren.


*** – Original Motion Picture Soundtrack, «Walk The Line» (Sony/BMG)
Joaquin Phoenix spielt nicht nur Johnny Cash, er singt auch Johnny Cash («Get Rhythm», «I Walk The Line», «Ring Of Fire», «Cry Cry Cry», «Folsom Prison Blues» usw.). Und Reese Witherspoon spielt nicht nur June Carter, sie singt auch June Carter («Wildwood Flower» und «Juke Box Blues», und im Duett mit Joaquin Phoenix «It Ain't Me Babe» und «Jackson).
Geht das? Geht das gut?
Es geht. Und es geht ganz gut. Ich habe den Film zwar noch nicht gesehen, der Soundtrack macht aber zum grundsätzlichen hinzu durchaus zusätzlichen Appetit darauf.
Unter anderen ist übrigens auch Shooter Jennings mit «I’m A Long Way From Home» von Hank Cochran auf dem Soundtrack vertreten.

Two Tons of Steel in Zürich

Auf Rang 7 meiner 2005-Jahres-Top-Ten steht das Album «Vegas» der Band Two Tons of Steel aus San Antonio, Texas. Am 16. und 17. März treten Two Tons of Steel in Zürich auf, und zwar am Country-Festival im Schützenhaus Albisgüetli.
Ich habe zu diesem Anlass, der sich rühmt, das «längste Country-Festival der Welt» zu sein (es dauert dieses Jahr vom 3. Februar bis zum 19. März), ein etwas zwiespältiges Verhältnis. Einerseits finden sich in dem umfangreichen Programm, in dem etwas arg viele Schweizer Nachahmer zu finden sind, immer wieder Perlen wie dieses Jahr Two Tons of Steel. (Aus dem diesjährigen Programm kann ich zudem empfehlen: BR459 am 28. Februar sowie am 1. und 2. März; Jo-El Sonnier am 8. und 9. März; und vielleicht noch Albert Lee & Hogan’s Heroes am 15. März.) Doch der Anlass ist leider weitgehend eine Art Country-Fasnacht. Man sieht da mehr Cowboy-Hüte als in einer währschaften Dance Hall in Texas, und ein Grossteil des Publikums will einfach ein bisschen feiern und tanzen und interessiert sich nicht so spezifisch für die Musik. Es war vor einigen Jahren zum Beispiel ein Graus, als Katy Moffatt, die ich live jedes Mal, wenn ich sie sehe, sensationell gut finde (was auch das letztes Jahr erschienene Livealbum sehr schön bestätigte), auf der Bühne stand und ihre Lieder sang, während im Saal besoffene Horden rumgröhlten und desinteressierte Gäste laute Gespräche führten.
Nun, Two Tons of Steel werden darauf hoffentlich mit ihrer tollen Cover-Version des Ramones-Klassikers «I Wanna Be Sedated» kontern. Allein dafür werde ich mit die Veranstaltung antun.
PS. Am 14. März treten Two Tons of Steel in Deutschland auf: Four Corners, Untermeitingen – wo immer das sein mag.

10.2.06

Im CD-Wechsler (3/2006)

**** – Cast King, «Saw Mill Man» (Locust Music)
«Saw Mill Man» ist das Debütalbum des Singer/Songwriters Cast King aus Old Sand, Alabama. Wobei anzumerken ist, dass King am 16. Februar 2006 seinen 80. Geburtstag feiert. Seine erste Band, die Alabama Pals, hatte er schon als 14-Jähriger gegründet, später spielte er Country und Bluegrass als Cast King and the Country Drifters. Ein Demotape gelangte in die Hände von Sam Phillips und er lud darauf King zu Aufnahmen im Sun Studio in Memphis ein (wo Leute wie Johnny Cash und Elvis Presley ihre ersten Platten einspielten). Acht Songs wurden eingspielt, offenbar ein Teil davon als Singles veröffentlicht (ein Aufnahme von Cast King & the Miller Sisters ist auf dem Sampler «Sun Gospel» zu finden). Als sich die Band auflöste, schrieb Cast King weiter Songs, spielte aber nur noch für Freunde und Familie.
Ende der Neunzigerjahre begann Matt Downer, ein Musiker und Country-Aficionado, in Alabama Songs alter Musiker aufzunehmen, um sie vor dem Vergessenwerden zu bewahren. Von besuchten Musikern wurde er immer wieder auf Cast King hingewiesen. Als er ihn anrief, er wolle Sachen von ihm aufnehmen, wurde er von King monatelang immer wieder mit irgendwelchen Ausreden vertröstet. Bis er ihn anrief, und nichts von Aufnahmen sagte, sondern nur, er wolle mit ihm spielen. «You can come here anytime; I’m usually here if I ain’t gone somewhere», habe King gesagt. Das war im Mai 2003, und seither ist Downer immer wieder dort gewesen, Knie an Knie mit King auf der Veranda gesessen. Song um Song hat ihm King vorgespielt und vorgesungen. Mit den Monaten begann Downer auch Aufnahmen zu machen, und eine Auswahl legt er jetzt auf diesem Album vor.
Und siehe da: Das ist ein Dutzend schöne Songs, die fesgehalten zu haben wirklich ein Verdienst ist. Es sind Country-Songs über die Arbeit in der «Saw Mill», über «the search for happiness on the bottom of the bottle“, über schöne Mädchen und die grosse Liebe.

**** – Sam Baker, «Mercy» (self-released)
Call a truce, call a war / Everyone is a bastard, everyone is whore / Everyone is a saint, everyone is redeemed / Everyone is at the mercy of another one’s dream
Wir schrieben 2006, dieses Album ist noch von 2004, hat aber erst jetzt den Weg in meinen CD-Wechsler gefunden. Es ist das Debüt des Singer/Songwriters Sam Baker aus Autstin, Texas. Produziert hat diese Perle Walt Wilkins, der auch mitspielt. Baker hört sich nach einem älteren Mann an, aussehen tut er wesentlich jünger. Und er ist vor allem ein ganz starker Songwriter.
Engagiert bringt er seine Message auf den Punkt. In «Change» etwa:
Those same little girls / Went to work in those stores / Those same little boys went away to wars / But when they came home / All the jobs hat gone away / Back to those places where they fought so far away.
Begleitet wird Baker von einer Band mit Pedal-steel, Dobro, Bass, Cello, Drums, Violine, Mandoline sowie von einer ganzen Reihe von Gastsängern, darunter Jessi Colter, Kevin Welch, Joy Lynn White und Koproduzent Walt Wilkin.

***1/2 – The Dixie Bee-Liners (self-released)
Big City Bluegrass: Das Quartett mit dem Paar Brandi Hart und Buddy Woodward, das die Songs schreibt und sich im Gesang abwechselt, lebt in New York City. Brandi Hart stammt aus dem Bluegrass State Kentucky und sang schon als 2-Jährige im Kirchenchor. Woodward, der Mandoline, Gitarre, Banjo und Bass spielt, war bei der alt.country-Band The Ghost Rockets, und neben den Dixie Bee-Liners hat er auch noch die Honkytonk-Kombo Nitro Express. Zur Band gehören zudem Fiddler Alan Gruber, der auch Jazz und klassische Musik macht, und Leadgitarrist Danny Weiss, ein Bluegrass-Veteran, der auch bei Nitro Express Leadgitarrist ist.

23.1.06

Im CD-Wechsler (2/2006)

**** – Bobby Earl Smith, «Turn Row Blues» (Muleshoe)
Bobby Earl Smith ist ein Veteran der Musikszene von Austin, Texas. Anfang der 1970er Jahre war Bassist bei Freda and The Firedogs (mit der Pianistin Marcia Ball und dem Gitarristen John X. Reed), die in der damaligen Hippie-Country-Szene extrem angesagt waren und mit dem Starproduzenten Jerry Wexler (Entdecker von Aretha Franklin, Ray Charles, Professor Longhair und anderen) 1972 ein Album für Atlantic aufnahmen, das dann wegen Vertragsstreitereien aber nicht erschien (erst vor drei Jahren gab Bobby Earl Smith diese Aufnahmen auf CD heraus). Smith arbeitete bis Mitte der 1980er Jahre mit Musikern wie Jimmie Dale Gilmore und Gary P. Nunn, kehrte dann der Musikszene den Rücken und arbeitete bis vor etwa fünf Jahren nur noch als Anwalt.
Das Material, das der begnadete Singer/Songwriter jetzt veröffentlicht, wurde schon 2003 während zwei Tagen eingespielt. Bei der einen Session spielte legendäre Gitarrist James Burton (Dale Hawkins, Ricky Nelson, Elvis Presley, Buck Owens, Merle Haggard, Elvis Costello u.v.a.) Dobro, die Gitarre Casper Rawls (LeRoi Brothers). Bei der zweiten Session waren Lloyd Maines (Dobro) und John X. Reed (Gitarre) mit von der Partie. Ein schönes, typisch texanisches Singer/Songwriter-Album mit – wen wunderts, bei diesem Personal – höchst stimmiger Begleitung.

**** – Healthy White Baby (Broadmoor)
Ein schrammende Gitarre und pulsierende Beats prägen den Sound dieses Trios aus Chicago: Danny Black, für The Blacks (vocals, guitar), Laurie Stirrat, früher Blue Mountain und – mit ihrem Zwillingsbruder – Laurie & John (bass, vocals) und Rayn Juravic (drums) hatten den simplen Sound der Aufnahmen von Velvet Underground und CCR als Vorbild, als sie im Heimstudio in zwei Wochen dieses Album einspielten. Als «dirty-ass Rock`n`Roll with garage, psych and blues under currents» bezeichnet Miles of Music dieses starke Album. Der seltsame Bandname bezieht sich übrigens auf eine Zeile in «Raising Arziona», dem Lieblingsfilm von Frontmann Black.

19.1.06

Im CD-Wechsler (1/2006)

Aus Zeitmangel für einmal ein fast unkommentierter Aufwisch von Sachen, die in den letzten Monaten bei mir im CD-Wechsler steckten, es aber nie in den Blog schafften. Alles "recht", aber nichts, das herausragt:

*** – Ryan Adams & Cardinals, «Jacksonville City Nights» (Lost Highway)
Drei Alben in einem Jahr (dieses ist das zweite, zum dritten bin ich noch gar nicht gekommen) – das mag für Ryan Adams ja konzeptionell stimmen. Für den Zuhörer ist das too much. Ich hätte lieber ein Album mit den besten Sachen von den drei.

*** – Danny Barnes, «Get Myself Together» (Terminus)

*** – Kate Campbell, «Blues And Lamentations» (Large River)

*** – Brandi Carlile (Red Int/Red Ink)
Junge Singer/Songwriterin.

*** – The Kennedys, «Half A Million Miles» (Appleseed)

*** – Patty Loveless, «Dreamin’ My Dreams» (Epic)

*** – Tift Merritt, «Home Is Loud» (RCAM)
Live.

*** – Jud Newcomb, «Byzantine» (Freedom)

*** – Charlie Sexton «Cruel And Gentle Things» (Back Porch)

*** – Neil Young, «Prairie Wind» (Reprise)