6.6.11

Playlist März/April/Mai 2011

****1/2
Zoe Muth and The Lost High Rollers,
Starlight Hotel
(Signature Sounds)
Ihr selbst herausgegebenes Debüt von 2009 (ist mir erst spät untergekommen, schaffte es dann aber in meine 2010 Top Ten) brachte Zoe Muth aus Seattle viel Lob. Und die Möglichkeit, ihre nächstes Album auf dem Label Signature Sounds herausbringen zu können. Und dieses, mit zehn eigenen Songs, ist noch besser! Wie schon beim Vorgänger erinnert Zoe Muth teils ein bisschen an Iris DeMent, teils an die frühe Emmylou Harris.

The Rainmakers, 25 On (Bat)
The Rainmakers aus Kansas City, Missouri zählten in den 1980ern zu meinen Lieblings-Rock‘n’roll-Bands (neben The Blasters, The Geogia Satellites usw.) , nicht nur wegen ihrem knackigen Hit „Let My People Go-Go“. 25 Jahre später hat Haupt-Songschreiber Bob Walkenhorst die Jungs wieder zusammengetrommelt und mit ihnen (ohne Steve Phillips) ein neues Rainmakers-Album eingespielt. Und das klingt so frisch und munter wie damals. Macht richtig Freude!
The Rainmakers,
The Good News And The Bad News
(Bat)
Das 1989er Album auf CD. Mit sieben akustischen Bonus-Tracks.



****
77 El Deora, The Crown & The Crow’s Confession (Western Independent Recording)
Noir-Country vom Feinsten: noch ein bisschen düsterer als „Sirens“ (#4 in meinen 2006 Top Ten) kommt das neue Album von Maurice Tani und Jennifer Courtney aus San Francisco daher. Das Paar teilt sich den Gesang, die Songs schreibt Tani. Einziges Cover auf diesem Album ist eine wunderschöne Interpretation von Bruce Springsteens „County Fair“. Dass sie jetzt auf dem Album-Cover statt nur mit dem Bandnamen als Maurice Tani/Jenn Courtney: 77 El Deora firmieren, scheint mir marketingtechnisch nicht sonderlich schlau.

Hayes Carll, KMAG YOYO (& other American stories)
(Lost Highway)
Mit seinem „Trouble In Mind“ führte der texanische Singer/Songwriter Hayes Carll meine 2008 Top Ten an, sein „She Left Me For Jesus“ war für mich der Country-Songs des Jahres. Mit seinem neuen Album ist er noch politischer geworden; manchmal wirkt es gegenüber die witzigen Lockerheit von früher fast ein wenig verbissen. Aber gut ist er immer noch. Der Titel „KMAG YOYO“, ausgesprochen etwa „Käimäg jojo“, übrigens ist US-Army-Slang und bedeutet „Kiss My Ass, Guys, You’re On Your Own“.

Drive-By Truckers, Go-Go Boots (ATO)
Ihr „Dirty South“ stand in meinen 2004 Top Ten, danach habe ich die Band um Songschreiber Patterson Hood etwas aus den Augen bzw. den Ohren verloren. Was wohl ein Fehler war. Ihr ziemlich rockiges neues Album ist sackstark. Tolle Songs, dreckige Gitarren, starker Gesang. Neben dem neuen eigenen Material gibts zwei Songs von Eddie Hinton (der war ein Freund von Hoods Vater, der ein Muscle-Shoals-Studiomusiker war).

Mike Ethan Messick, The Only Easy Day
Was Yesterday
(Mucho Bucho)
Honkytonk-Country mit teils rockigen Anklängen spielt der Singer/Songwriter Mike Ethan Messick aus Texas auf seinem zweiten Album. Gute Stimme, scharfe Gitarren, mehrere Songs mit Ohrwurm-Potenzial.

Those Darlins, Screws Get Loose (Oh Wow Dang)
Americana-Punk aus Nashville: das neue Album der drei rotzigen jungen Frauen (plus ein Mann) ist zwar nicht so überraschend wie das Debüt (#10 in meinen 2009 Top Ten), kommt aber auch ganz gut. Alles eigene Songs; dem Debüt gaben zwei Carter-Family-Covers besondere Würze.

Trampled Under Foot, Wrong Side Of The Blues (TUF/VizzTone)
Da hat eine Familie den Blues: Trampled Under Foot (TUF) ist ein Geschwister-Trio aus Kansas City, Missouri. Danielle Schnebelen (vocals, bass), Kris Schnebelen (vocals, drums) und Nick Schnebelen (vocals, guitar) sind mit dem Blues augewachsen; ihre Eltern spielten und spielen in lokalen Bluesbands in Kansas City. Als TUF 2008 erstmals bei der International Blues Challenge in Memphis auftraten, wurde Nick als bester Gitarrist mit dem Albert King Award ausgezeichnet. Dass er ein vorzüglicher Gitarrist ist, zeigt das Album, das sie mit eigenen Songs plus zwei von Papa Bob Schnebelen bestreiten. Und die drei haben ganz starke Gesangsstimmen. Beeindruckend.

Renée Wahl, Cumberland Moonshine (self-released)
Sehr schönes Debüt dieser Country-Sängerin und -Songschreiberin. Wahl stammt aus Philadelphia, war eine zeitlang bei der US Air Force, bevor sie sich als Musikerin in Nashville niederliess. Ihr Country-Sound ist gewürzt mit Blues, Rockabilly und Folk. Für ihr Debüt konnte sie ein paar Topmusiker wie die Gitarristen Kenny Vaughn (Emmylou Harris, Lucinda Williams, Solomon Burke, Hayes Carll) und Pat Bergeson (Lyle Lovett, Emmylou Harris, Chet Atkins), Bassist Charlie Chadwick (Steve Earle, Pam Tillis, Lee Ann Womack), Drummer Bryan Owings (Buddy Miller, Shelby Lynne, Colin Linden) und Saitenvirtuose Fats Kaplin (Mandoline, Pedal-Steel; Nanci Griffith, Mark Knopfler, Waylon Jennings) gewinnen.

Lucinda Williams, Blessed (2 CD Deluxe Edition)
(Lost Highway)

Das beste Album von Lucinda Williams seit „Car Wheels On A Gravel Road“ (1998). Die Deluxe-Edition enthält eine zweite CD mit „Kitchen Tapes“: Alle zwölf Songs des eigentlichen Albums in gleicher Reihenfolge, aufgenommen solo mit der Klampfe zu Hause am Küchentisch. Mehr als ein Song gefällt mir in dieser Version besser; wie immer mal wieder bei Frau Williams wurde am einen oder anderen Song fast etwas zu viel gemacht. Sie hat auch wieder mal drei Produzenten gebraucht (verbraucht?): Don Was, Eric Liljestrand, Thomas Overby. Unter den Musikern Greg Leisz, Rami Jaffee, DJ Bonebrake und bei drei Stücken als Gitarrist Elvis Costello.

Blaze Foley, Duct Tape Messiah – Soundtrack from
the Documentary Film (Lost Art)
Gurf Morlix, Blaze Foley’s 113th Wet Dream (Rootball)
Viele Jahre hat Filmemacher Kevin Triplett an seinem Film über Michael David Fuller, besser bekannt als Blaze Foley (1949–1989), gearbeitet. Die Film-Soundtrack-CD enthält ein paar bisher unbekannte Tracks des Schöpfers von Songs wie „If I Could Only Fly“, „Election Day“ und „Clay Pigeons“, darunter eine Aufnahme zusammen mit seiner Mutter und seinem Bruder.
Triplett tourt nun mit seinem Film, und die Vorführungen werden ergänzt durch ein Konzert, bei dem der Musiker und Produzent Gurf Morlix, ein alter Weggefährte Foleys, Songs von Foley spielt. Dazu hat er auch eine CD mit 15 Foley-Titeln aufgenommen, darunter „Clay Pigeons“, „If I Could Only Fly“, „Oh Darlin’“, „Picture Cards“, „Small Town Hero“ und „Cold Cold World“.


***1/2
Exene Cervenka, The Excitement Of Maybe (Blodshoot)
Neues Album der Sängerin der legendären L.A.-Punk-Band X mit eigenen Songs. Mit Unterstützung von Dave Alvin als Gitarrist.

Cowboy Junkies, Demong – The Nomad Series Volume 2 (Razor & Tie)
Eine Hommage an den Singer/Songwriter Vic Chesnutt (1964–2009) mit elf seiner Songs.


Carrie Elkin, Call It My Garden (Red House)
Neo-Folk aus Texas. Gute Songs, schön gemacht.

Rachel Harrington, Celilo Falls (Skinny Dennis)
«Country-Soul» nennt Rachel Harrington aus Oregon ihren Stil selbst. Ihre Geschichten aus dem amerikanischen Hinterland zeigen musikalisch auch Einflüsse von Folk und Bluegrass. Mit Ronnie McCoury (Del McCoury Band; mandolin) und Rod Clement (Lindisfarne; slide guitar).

Bob Livingston, Gypsy Alibi
(New Wilderness)
Er gehörte zur legendären Lost Gonzo Band und zur Band von Jerry Jeff Walker. Auf dem neuen Album mit eigenen Songs wird der Veteran aus Texas von Kollegen wie Lloyd Maines, Bradley Kopp, Glen Fukunaga, Dave Sanger, Riley Osbourn, Chris Gage, Richard Bowden und Bukka Allen unterstützt – die Leadgitarre beim „Middle Ages Rockabilly Blues“ spielt Bill Kirchen. Umwerfend ist der Bonus-Track: Auf der Live-Aufnahme von 1991 in Bangladesh spielt Livingston zusammen mit einem Tabla-Spieler „Not Fade Away“ von Buddy Holly.

Los Lonely Boys, Rockapango (Deluxe Edition)
(Playing In Traffic)
Das Debüt der drei Garza-Brüder aus San Antonio schaffte es in meine 2003 Top Ten. Sie entwickeln sich fast ein bisschen zu den Santana des neue Jahrtausends mit ihrem Gitarrerock, der schon mal Latin-Percucssion durchsetzt ist. Am besten gefällt mir der auf der Deluxe Edition (drei Bonus-Tracks und vier Videos) als dritter Bonus-Track angefügte mehr als 20 Minuten lange Zusammenschnitt von Outtakes. Das wird gerockt und gebluest, dass es eine Freude ist.

Steve Martin and The Steep Canyon Rangers, Rare Bird Alert (Rounder)
Zweites Bluegrass-Album des bekannten Komikers, Schauspielers, Autors, Filmproduzenten – und eben Musikers, der aus Waco, Texas stammt. Als Gäste bei je einem Song sind die Dixie Chicks und Paul McCartney dabei. Sehr hübsch gemachter CD-Umschlag. Jeder Musiker wird auf einer „Trading Card“ witzig vorgestellt. Bei Paul McCartney fällt das kurz aus: „Newcomer. We wish him well.“

Buddy Miller, The Majestic Silver Strings (New West)
Rendez-vous der Saitenvirtuosen: Buddy Miller mit Bill Frisell, Marc Ribot und Greg Leisz sowie Jay Bellerose (drums) und Dennis Crouch (bass).

Dan Montgomery, You’ll Never Ba A Bird
(Fantastic Yes)

Interessanter Singer/Songwriter aus Memphis. Vorzügliche Gitarrenarbeit von Robert Maché (spielte auch auf Nancy Apples „Shine“, #2 bei meinen 2010 Top Ten).

Lisa Morales, Beautiful Mistake (Zaino)
Solo der Hälfte der Sisters Morales. Hauptthema ist der Tod ihrer Mutter.

New York Dolls, Dancing Backward In High Heels (429)
Die Glamrock-Legenden wollen es noch einmal wissen: David Johansen und Sylvain Sylvain haben sind wieder einmal in die Highheels geschlüpft und haben die Gitarren umgeschnallt. Trash der abgeklärten Art.

Gene Taylor with CC Jerome’s Jet Setters,
Let Me Ride In Your Automobile
(El Toro)

Der frühere Pianist der Blasters spielt mit einer holländischen Band auf einem spanischen Label mehrheitlich selbst geschriebenen Piano-Rock‘n’roll.


***
Bianca De Leon, Love, Guns & Money (self-released)
Die Texanerin Bianca De Leon schreibt gute Songs, als Sängerin überzeugt sie nicht immer ganz. Auf dem neuen Album covert sie Townes Van Zandts „Nothin“ und Hank Williams’ „Ramblin Man“. Live im Studio aufgenommen mit Musikern wie John Inmon (guitars), Radoslav Lorkovic (piano, organ, accordion) und Paul Pearcy (drums).