15.8.06

Im CD-Wechsler (11/2006)

* – Neil Young, „Living with War“ (Reprise)

Zwei Klarstellungen vorweg:
1. Ich bin ein grosser Verehrer von Neil Young und seinem Werk, schon seit den tiefen Siebzigerjahren. Mein Lieblingsalbum von Neil Young ist „American Stars ’N Bars“ (1977), und ich mag auch viel geschmähte Alben wie „Everybody’s Rockin’“ oder „Re-ac-tor“.
2. Ich bin gegen den Krieg. Welchen auch immer. Grundsätzlich.

Und nun hat Neil Young ein Album gegen den Krieg und gegen US-Präsident Bush gemacht. Und es ist – es tut weh – grauenhaft. Die Texte sind teils nur plump. Die Musik ist uninspiriert und langweilig. Und ständig irgendwelche Kinderchöre im Hintergrund, bei welchen mir gleich „Another Brick in the Wall“ von Pink Floyd (gar keine Lieblingsband von mir) einfällt.
Das Album ist ja jetzt schon einige Monate alt, und es ist wochenlang bei mir rumgelegen, bis ich es mal in den CD-Player schob. Denn ich dachte, an so viel Negativem, was ich schon darüber gehört hatte, muss ja wohl leider schon ein bisschen was dran sein. Aber was ich dann hörte, war schlimmer als alles, was ich befürchtet hatte.

Schwamm drüber und auf das nächste Album von Neil Young warten! Ich bin überzeugt, dass dies ein einmaliger Ausrutscher war.

** – Dixie Chicks, „Taking the Long Way“ (Columbia)

Zwei Klarstellungen vorweg:
1. Ich mag die Dixie Chicks. Schon immer. Schon bevor Natalie Maine dazu stiess und sie berühmt wurden. 1992 in Texas bin ich auf sie gestossen, und das damalige Album „Little Ol’ Cowgirl“ finde ich heute noch toll.
2. Ich gönne diesen hoch talentierten Frauen den plötzlichen Welterfolg, der 1998 kam – es ist doch immer mal wieder schön, wenn es ausnahmsweise einmal die Richtigen schaffen. Und ich finde, sie haben sich auch im grossen Musikgeschäft gut gehalten.

Und nun das: Nach dem Bashing wegen Natalie Maines’ Anti-Bush-Statement haben sie unter den Fittichen des grossen Rick Rubin ein Album aufgenommen, mit welchem sie sich ein bisschen trotzig gegen die konservativen Fans stellen. So weit, so gut. Nur: Das Album klingt irgendwie Scheisse, ist in kaum einem Moment auf der Höhe ihres sonstigen Schaffens. Statt dem stupenden Können der Schwestern Emily Robison und Martie Maguire auf allerhand Saiteninstrumenten höre ich pampige Orgeln. Alles wirkt überorchestriert, die durchaus vorhanden feinen Töne werden ständig überdeckt.

Schwamm drüber und auf das nächste Album der Dixie Chicks warten! Nachdem sie nun ihren Frust rausgelassen haben, können sie sich wieder auf ihre wirklichen Qualitäten besinnen. Und dafür müssen sie auch gar nicht zu einem Starproduzenten nach Los Angeles pilgern. Natalies Papa Lloyd Maines würde als Produzent ihrem Sound besser dienen.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Danke, Meister! Sitze gerade etwas ratlos bei Frühstückstee und "Taking the Long Way", wo die Chicks schon auf dem Cover so öd auf Sex and the City gestylt sind (like: Ha! Ihr Rednecks, die ihr mit euren Bulldozern unsere CDs plattgewalzt habt, wir sind dafür jetzt in den Städten an der West- und Ostküste und in Europa big, fuckt euch Hinterwäldler!) und bin jetzt froh über deine klärenden Worte. Das Ganze zeigt auch, dass der Rubin-Hype sich langsam überlebt. Nicht alles, was der anfasst, wird Gold. Bei Neil Diamond wars ja noch hübsch. Und was den anderen Neil angeht, Young, da lass ich nach deinem Kommentar wohl besser ganz die Finger davon.