15.12.05

Im CD-Wechsler (Woche 50 / 2005)

**** – Joy Lynn White, «One More Time» (Thortch)
Mit ihren exzellenten Alben «Between Midnight & Hindsight» (1992) und «Wild Love» (1994) für Columbia zu Beginn der Neunzigerjahre sah Joy Lynn White aus wie ein kommender Star. Aber offenbar sagten die Verkaufszahlen etwas anderes, die Plattenfirma liess White fallen. Wohl war ihr zum Verhängnis geworden, was Bobby Bare schon zehn Jahre davor besungen hatte: «Too Rock For Country, Too Country For Rock And Roll». 1997 folgte dann auf Pete Andersons Label Little Dog das nicht minder exzellente Album «Lucky Few». Auf ihrem offiziell vierten Album (effektiv gab sie selber 2002 noch eine CD mit Demoaufnahmen von 1997 bis 2002, «On Her Own», heraus) beweist sie sich erneut sowohl als ausgezeichnete Songschreiberin wie auch als tolle Sängerin. Das klingt mal mehr nach Country, mal mehr nach Rock, aber immer ganz stark. Gut, dass sie auch das schon auf dem Demo-Album veröffentliche, wunderschöne «Girls With Apartments In Nashville», das sie zusammen mit Duane Jarvis geschrieben hat, noch einmal aufnahm:
Girls with apartments in Nashville
They drive beat up old cars
Ride around with their guitar
In the back seat
They have their dreams
They have their dreams

**** – The Peasall Sisters, «Home To You» (Dualtone)
Bei singenden Kindern bin ich prinzipiell skeptisch. Bei den Peasall Sisters – Sarah (18), Hannah (14) und Leah (12) – war ich jedoch schon 2002 vom Debüt «First Offering» angetan. Mit dem zweiten Album «Home To You» legen die drei Schwestern mit den schönen Stimmen jetzt noch zu. Die Peasall Sisters stehen mit ihren Songs, ihrem Sound, ihrem Gesangsstil klar in der Tradition der legendären Carter Family. Das unterstreicht auch die Person des Produzenten: John Carter Cash, der Sohn von June Carter und Johnny Cash. Neben einigen Traditionals und dem Carter-Family-Song «I Will Never Marry» präsentieren die Mädels aus White House, Tennessee, erstmals auch drei selber geschriebene Titel. Geht man davon aus, dass sie sich mit dem Älterwerden auch musikalisch noch weiter entwickeln, kann da in Zukunft noch viel Erfreuliches auf uns zu kommen.

***1/2 – Gasmoney, «22 Dollars» (self-released)
Gasmoney, ein Trio um Songschreiber, Sänger und Gitarrist Fred Stucky, kommt aus Philadelphia. Die drei Jungs bringen eine bekömmliche Mischung aus Country und Rock ’n’ Roll, die live zweifellos selbst bei den Hängern an der Bar ein Fusswippen auslöst. Irgendwo wurden sie als Mischung aus Hank Williams und Rollings Stones bezeichnet, anderswo wurde ihr Sound mit «als würden die Sex Pistols Country-Songs singen» beschrieben. Beides ist vielleicht etwas gar vermessen, aber auf jeden Fall kann das Trio ganz schön rau zur Sache gehen. Die Aufnahmen, die auf desem Album versammelt sind, entstanden von 2002 bis 2004

*** – Merle Haggard, «Chicago Wind» (Capitol)
The Hag ist zurück auf einem major label. Klar, der Veteran ist sowohl als Songwriter wie als Performer ein sicherer Wert. Das neue Album ist sehr solid, aber viel mehr leider auch nicht.

*** – Bear & The Essentials, «Two Time Fool» (self-released)
Stimmungsvoller Rockabilly der traditionalistischen Art aus Austin, Texas. Billy Horton produzierte das Debüt von Bear (vocals, rhythm guitar), Ethan Shaw (upright bass) und Doug Strahan (lead guitar). Kurz – elf Songs, eigene und ein paar Klassiker in knapp 25 Minuten – und kurzweilig.

*** – Black Water Gospel (Fat Caddy)
Guter Roots-Rock aus Austin, Texas. Produziert und instrumental angereichert (Hammond B3, Wurlitzer, Accordion, Melodica) von Michael Ramos. Auf die Länge wirken die zehn Songs etwas all zu gleichförmig, was das Album je länger es läuft langweiliger macht. Aber ich denke, es lohnt sich zu verfolgen, wie sich Sänger/Gitarrist Juan Gutierrez, Leadgitarrist Jesse Duke, Bassist Dan White und Drummer Andy Morris weiter entwickeln.

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