23.10.06

Im CD-Wechsler (14/2006)

**** – The Stone Coyotes, „Dreams of Glory“ (Red Cat)
Laut Miles of Music ist dies das siebte Studioalbum dieser „Familienband“ – ich habe bisher noch nie von ihr gehört. Aber was ich hier höre, macht richtig Spass: Eine scharfe Gitarre, eine starke Frauenstimme, pulsierende Rhythmen. Das klingt mal punkig, erinnert mal ein wenig an Patti Smith, mal ein bisschen an Lucinda Williams, klingt aber fast immer ziemlich rau und dreckig.
The Stone Coyotes sind die Sängerin, Songschreiberin und Gitarristin Barbara Keith, ihr Mann Doug Tibbles am Schlagzeug und Sohn John Tibbles am Bass. Barbara Keith war in den Sixties (!) in der New Yorker Folkszene im Greenwich Village und hatte 1971 ein Album auf Reprise. Die Frau müsste also gegen 60 sein. Hut ab.

**** – Will Kimbrough, „Americanitis“ (Daphne)
I lie.
Why?
Because I can.
It's the pleasure and the privilege
Of the richest people in the land.
Don't you understand?

So beginnt das aktuelle Album des sonst vor allem als Gitarristen (etwa für Todd Snider oder Rodney Crowell) bekannten Singer/Songwriters Will Kimbrough.

I don't give a damn for you
I don't give a damn for you
That's the truth
I lie because I can.

Das ist der erste Song, „I Lie“. Im zweiten, „Life“, heisst es etwa:

They all want to see who's got the biggest gun
All these cowboys want to have their fun ...
Well, we think that we're so clever
Flying without feathers
But we can't control the weather
Better send in the Marines.

17 eigene neue Songs stellt Kimbrough auf „Americanitis“ vor, starke Songs, die sich mit der Welt, wie sie ist, auseinandersetzen.
Ich bin ja wirklich keiner, der von jedem Song „gesellschaftliche Relevanz“ (die der helvetische Popstar Polo Hofer neulich in einem Interview bei den jungen Schweizer Mundartrockern vermisste – ausgerechnet Polo, der mit gesellschaftlich so relevanten Titeln wie „Du machsch mi giggerig“ Furore machte) verlangt, auch ein Song über den Pegelstand im Whiskyglas oder über die Sehnsucht nach dem schönen Mädchen aus der verruchten Bar oder über beides zusammen kann ein guter Song sein. Aber wenn schon ein „Polit-Album“, dann ein solches. Musikalisch reicht Kimbroughs vielseitiges Spektrum von Old-time-Country bis zu rauem Rock, von Reminiszenzen an den Britpop der frühen Kinks bis zu erdigem Folk.

*** – The Zozo Sisters – Linda Ronstadt & Ann Savoy, „Adieu False Heart“ (Vanguard)
Zwei tolle Stimmen, ein spannendes Akustikprojekt mit alten und neuen Songs, die näher oder ferner mit der Cajun-Kultus Louisianas zu tun haben. Ältere Songs neben solchen von Richard Thompson, Julie Miller und Kevin Welch, ein paar Lieder auch auf Französisch.
Das klingt alles wirklich sehr schön, lupenrein. Fast zu rein. Das ganze wird leider nie touching, wie man es sich von Ann Savoy mit den Magnolia Sisters gewöhnt ist, oder wie die wunderbaren (spanischen) „Canciones de mi Padre“ (1987) von Linda Ronstadt waren.

Keine Kommentare: