18.11.05

Im CD-Wechsler (Wochen 43-47 / 2005)

***** – Blaze Foley, «Wanted More Dead Than Alive» (Waddell)
Ein verloren geglaubter Schatz ist wieder aufgetaucht: ein Studioalbum von Blaze Foley, aufgenommen wenige Monate bevor der geniale Songwriter 39-jährig am 1. Februar 1989 in Austin, Texas, erschossen wurde. Produziert hatten das Album die Waddell Brothers – Basisst David und Drummer Leland –, dabei waren zudem Steel-guitar-As Charlie Day, Joe Gracey als Gitarrist und Kimmie Rhodes als Back-up-Sängerin. Die Mastertapes fielen dann aber einem Brand zum Opfer und die Rohmix-Kassetten und davon für die Bandmitglieder gebrannte CDs blieben unauffindbar. Bis sich im Juli dieses Jahres bei Leland Waddell ein Freund aus Indiana meldete, der beim Ausmisten seines Autos eine unbeschriftete CD gefunden hatte und fand, das klinge ja wie Blaze Foley.
So gibt es nun neben den wenigen greifbaren Live-Aufnahmen auch gute Studioaufnahmen von meisterlichen Songs wie «If I Could Only Fly», «Faded Love & Memories» und «Clay Pigeons» mit stimmiger Begleitung.
Eine erste LP hatte der Texaner Blaze Foley (eigentlich Michael David Fuller) 1983 im den legendären Muscle Shoals Studio aufgenommen. Diese Aufnahmen wurden jedoch von den Behörden – offenbar im Zuge einer Drogenrazzia bei einem an dem Projekt Beteiligten – beschlagnahmt. Foley selber hatte lediglich eine Kiste LPs, mit welchen er vor allem Barkeeper bezahlte, wenn er blank war (ich wusste bis jetzt gar nicht, dass dieses LP sooo rar ist – ich habe Anfang der Neunzigerjahre in einem Second-hand-Plattenladen in San Antonio, Texas, ein neuwertiges Exemplar erstanden). Später hat Gurf Morlix ein Album mit Foley produziert, doch diese Bänder wurden Foley aus einem geliehenen Auto gestohlen.
Infos über Blaze Foley hier.

**** – Los Lobos, «Acoustic En Vivo» (self-released)
Eine Rarität von den Lobos: Das akustische Album mit ausschliesslich spanisch-sprachigen Songs wie «Maricela», «La Pistola Y El Corazon», «Volver, Volver» und «Guantanamera» ist keine „offizielle“ Veröffentlichung bei der Plattenfirma der Band, sondern eine in kleiner Auflage selbst herausgebrachte CD, die an Konzerten verkauft wird. Sehr folkloristisch – und wunderschön.
Einen Posten dieses Albums haben Los Lobos Village Records zum Vertrieb überlassen. Wer ein Exemplar will, sollte sich beeilen.

***1/2 – Kevin Gordon, «O Come Look At The Burning» (Crowville Collective)
Fünf Jahre nach dem grossartigen Album «Down To The Well» (damals auf meiner Jahresbestenliste) endlich wieder ein Lebenszeichen dieses Singer/Songwriters. Das neue Werk ist etwas rauer, rockiger und vor allem bluesiger als seine früheren. Die Covers neben den vorwiegend eigenen Songs kommen denn auch aus der Blues-Ecke: Eddie Hintons «Something Heavy» und Willie Dixons «Crazy Mixed-up World».

***1/2 – Rodney Crowell, «The Outsider» (Columbia)
Eigentlich stimmt alles beim neuen Album von Rodney Crowell. Gute neue Songs – bis auf Bob Dylans «Shelter From The Storms» alle von Crowell selber –, Singer/Songwriter Will Kimbrough als Leadgitarrist, dazu Gastsänger wie Emmylou Harris, John Prine, Beth Nielsen Chapman, Buddy & Julie Miller. Demnoch bleibt das Werk im Vergleich zum herausragenden vorletzten Album «The Houston Kid» von 2001 etwas blass und weniger profiliert.

*** – Delbert McClinton, «Cost Of Living» (New West)
Niemand wird von Delbert McClinton, dieses Jahr 65 geworden, erwarten, dass er plötzlich etwas völlig Neues macht. Aber dass er seinen Singer/Songwriter-Countryrock-Bluesrock-Soul, den er schon immer macht, wieder genau so gut und solid macht. Und das tut er auch auf seinem neuen Album.

*** – Dolly Parton, «Those Were The Days» (Sugar Hill)
Ein hübsches Album beschert und Dolly dieses Jahr: Sie hat ein Dutzend ihrer Lieblingssongs aus Sechziger- und Siebzigerjahren ausgesucht und diese so weit möglich mit den damaligen Interpreten aufgenommen – das Titelstück tatsächlich mit Mary Hopkin. Kris Kristofferson singt mit ihr sein «Me And Bobby McGee», Tommy James sein «Crimson And Clover» und Roger McGuinn ist bei «Turn, Turn, Turn» dabei. Nicht überall war eine Zusammenarbeit möglich. Yusuf Islam aka Cat Stevens wurde von den amerikanischen Berhören an der Einreise für die Aufnahme von «Where Do The Children Play» gehindert und musste seinen Part separat in Europa aufnehmen. John Lennon konnte aus bekannten Gründen bei «Imagine» nicht mittun, und dass sich Bob Dylan zierte, bei «Blowin’ In The Wind» mitzusingen, wundert nicht. Teils sind auch jüngere Gäste dabei, etwa Norah Jones und Lee Ann Womack bei «Where Have All The Flowers Gone».

*** – Chris Ardoin and NuStep, «Sweat» (sefl-released)
Chris Ardoin, aus einer grossen Zydeco-Dynastie in Louisiana stammend, ist zwar erst 24-jährig, blickt aber auf 20 Jahre Bühnenerfahrung zurück: Als 4-Jähriger trat er erstmals mit seinem Vater auf. Fünf Jahre später spielte er in der Band seines Grossvaters Lawrence «Black» Ardoin in der Carnegie Hall.
Als eigener Bandleader arbeitet er seit über zehn Jahren an seinem «new zydeco». «Sweat» ist bereits sein achtes Album, das erste mit seiner aktuellen Band NuStep – «it’s not the same old two step but a NuStep», sagt er selbstbewusst. Der Songwriter, Sänger, Akkordeonist, Organist und Gitarrist peppt die kreolischen Klänge vor allem mit pulsierenden Funk-Beats auf, mischt Elemente von R&B, Jazz, Country und Latin in die Zydeco-Klänge. Das dürfte vor allem live ziemlich schweisstreibend wirken.

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